Inwiefern deckt das Regelwerk zur nuklearen Sicherheit und Sicherung in der Schweiz die IAEA-Standards ab? Wie sind die Anforderungen an die Kernanlagen und an die Aufsicht gesetzlich verankert? Wie sieht die Aufsichtspraxis des ENSI aus? Diese Fragen stehen bei der IRRS-Mission auf dem Prüfstand.
IRRS steht für «Integrated Regulatory Review Service». Vom 18. bis 29. Oktober machen sich Expertinnen und Experten der Internationalen Atomenergie-Agentur IAEA in der IRRS-Mission ein genaues Bild von der Arbeit des ENSI: von Freigabeverfahren über die Kommunikation bis hin zu den Inspektionen bei den Beaufsichtigten. Gemäss ENSI-Verordnung Art. 2 Abs. 3 ist das ENSI dazu verpflichtet, sich alle zehn Jahre einer internationalen Überprüfung zu unterziehen.
Ziel der Mission ist es, die Umsetzung der IAEA-Sicherheitsstandards in der Schweiz zu überprüfen. «Wir freuen uns, dass wir uns von internationalen Expertinnen und Experten überprüfen lassen können», sagt ENSI-Direktor Marc Kenzelmann zum Auftakt der Mission am 18. Oktober 2021. «Mit der externen Beurteilung können wir uns einerseits absichern, dass wir mit unserer Aufsicht die IAEA-Vorgaben umsetzen. Andererseits sind Empfehlungen von internationalen Expertinnen und Experten zu Themen, bei denen wir uns verbessern können, wertvoll für unsere Arbeit.»
Das sagt ENSI-Direktor Marc Kenzelmann zum Start der IRRS-Mission
Vergangene IAEA-Prüfung forderte mehr Kompetenzen für das ENSI
Die letzte IRRS-Mission fand 2011 in der Schweiz statt. 2015 überprüfte die IAEA, wie das ENSI die Empfehlungen umgesetzt hat. Der Schlussbericht dieser Follow-Up-Mission wurde im Sommer 2015 veröffentlicht. Die Empfehlungen und Anregungen, die hauptsächlich an das ENSI gerichtet waren, bewertete die Expertengruppe als realisiert. «Dass das ENSI die Verbesserungsmöglichkeiten, die sich aus der IRRS-Mission 2011 ergeben hatten, ernst nimmt, zeigt sich am Fortschritt, der seither erzielt wurde», sagte Jean-Christophe Niel, Leiter der damaligen IRRS-Mission, 2015. «Das IRRS-Team beurteilt das ENSI als etablierte und kompetente Nuklearaufsichtsbehörde.»
Das Team aus hochrangigen Fachleuten anderer Aufsichtsbehörden bekräftigte 2015 jedoch auch seine Empfehlung, dem ENSI als unabhängige Nuklearaufsichtsbehörde mehr Kompetenzen bei der Festlegung von verbindlichen Sicherheitsanforderungen und Bewilligungsauflagen in den nuklearen Bereichen Sicherheit, Sicherung und Strahlenschutz zu geben. Das damalige Fazit der Expertengruppe: «Die Regierung hat nicht genug unternommen, um sicherzustellen, dass das ENSI die alleinige Befugnis für abschliessende Sicherheitsentscheide hat.»
ENSI beantwortete der IAEA vorgängig 2000 Fragen zur Aufsicht
Für die diesjährige IRRS-Mission hat die IAEA ein Team von 23 Expertinnen und Experten zusammengestellt. Es prüft nun unter strikter Einhaltung der Covid-19-Schutzmassnahmen vor Ort, wie das ENSI die IAEA-Sicherheitsstandards anwendet und umsetzt. Geleitet wird die IRRS-Mission von Petteri Tiippana, Direktor der finnischen Aufsichtsbehörde STUK.
Um das schweizerische Aufsichtssystem zu überprüfen, führen die Expertinnen und Experten unter anderem Interviews mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des ENSI, mit den Betreibern von Kernanlagen und mit Vertreterinnen und Vertretern unterschiedlicher nationaler Behörden und Organisationen durch. Auch werden Fachpersonen des ENSI bei Inspektionen begleitet.
Der IRRS-Mission 2021 ging eine zweijährige interne Vorbereitung voraus: Das ENSI gab detailliert Auskunft über die verschiedenen Themen der Aufsicht und Aufsichtspraxis. Der Fragenkatalog der Mission beinhaltete rund 2000 Fragen.
Die Empfehlungen, die aus der Mission 2021 für die Aufsicht über die nukleare Sicherheit hervorgehen, wird das ENSI auf seiner Website kommunizieren und entsprechend umsetzen.