Das Notstandsystem erfüllt auch redundant und diversitär Funktionen der klassischen Sicherheitssysteme. Das Notstandsystem ist dazu da, im Anforderungsfall die Anlage abzuschalten und die Nachwärme abzuführen. Während der ersten 10 Stunden des Störfalls sind hierfür keine Personalhandlungen erforderlich.
Das Notstandsystem ist von den in den vorangehenden Teilen dargestellten klassischen Sicherheitssystemen unabhängig. Es verfügt über eine eigenständige Stromversorgung sowie eigene Kühl‑ und Lüftungssysteme. Es ist gegen Erdbeben, Flugzeugabsturz und Überflutung sowie Einwirkungen Dritter besonders geschützt.
Mit Ausnahme des Kernkraftwerks Mühleberg verfügen die Notstandsysteme der Schweizer Kernkraftwerke zudem über eigene Brunnenwassersysteme, die als zum Fluss diversitäre letzte Wärmesenke dienen. Das Kernkraftwerk Mühleberg besitzt eine alternative Wärmesenke. Notstandsysteme sind weltweit nicht üblich und werden nur in wenigen Ländern verlangt, namentlich in Deutschland.
Das Notstandsystem ist somit eine zusätzliche Stärkung der Sicherheitsebene 3 und hilft darüber hinaus, Schutzzielfunktionen der Sicherheitsebene 4a und 4b zu übernehmen.
Die 5 Ebenen der gestaffelten Sicherheitsvorsorge
Anforderungsfall: Normalbetrieb
Ziel: Vermeidung von Betriebsstörungen
Systeme, Ausrüstungen und Massnahmen: Betriebssysteme einschliesslich der erforderlichen Versorgungssysteme und Leitanlagen
Anforderungsfall: Betriebsstörungen
Ziel: Beherrschung von Betriebsstörungen
Systeme, Ausrüstungen und Massnahmen: Begrenzungssysteme einschliesslich der erforderlichen Versorgungssysteme und Leitanlagen
Anforderungsfall: Auslegungsstörfälle
Ziel: Beherrschung von Auslegungsstörfällen, sodass ein Kernschaden verhindert wird
Systeme, Ausrüstungen und Massnahmen: Sicherheits- und Notstandsysteme einschliesslich der erforderlichen Versorgungssysteme und Leitanlagen
Anforderungsfall: Auslegungsüberschreitende Störfälle ohne schweren Kernschaden
Ziel: Beherrschung bestimmter auslegungsüberschreitender Störfälle
Systeme, Ausrüstungen und Massnahmen: Notfallsysteme und Notfallausrüstungen (präventive Notfallmassnahmen)
Anforderungsfall: Auslegungsüberschreitende Störfälle mit schwerem Kernschaden
Ziel: Begrenzung der Freisetzung radioaktiver Stoffe
Systeme, Ausrüstungen und Massnahmen: Notfallausrüstungen (mitigative Notfallmassnahmen)
Anforderungsfall: Schwere Notfälle mit grösserer Freisetzung radioaktiver Stoffe in die Umgebung
Ziel: Linderung der radiologischen Auswirkungen in der Umgebung
Systeme, Ausrüstungen und Massnahmen
- Massnahmen zur Minimierung der Strahlendosis der Bevölkerung und des Personals
Dies ist der neunte von 13 Teilen zur gestaffelten Sicherheitsvorsorge. Der nächste Teil behandelt die Beherrschung bestimmter der Auswirkungen auslegungsüberschreitender Störfälle.
Dieser Artikel wurde am 30.11.2018 aktualisiert.