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Gestaffelte Sicherheitsvorsorge: Sicherheitssysteme und Schutzziele (2. Teil, 8/13)

Nach der Beendigung der Kettenreaktion im Kern muss über lange Zeit die durch radioaktiven Zerfall erzeugte Wärme aus dem abgeschalteten Reaktor abgeführt werden. Die Nachzerfallswärme nimmt im Laufe der Zeit stark ab, beträgt aber auch nach Jahren immer noch einige kW je Brennelement. Ein weiteres Schutzziel ist der „Einschluss radioaktiver Stoffe“.

Die Nachzerfallswärme muss jederzeit, auch bei Störfällen, abgeführt werden, um eine Überhitzung des Reaktorkerns und ein Schmelzen des Brennstoffs zu verhindern. Im Normalbetrieb übernehmen die Nachkühlsysteme diese Aufgabe und im Störfall die Not- und Nachkühlsysteme.

Schutzziel „Kühlung der Brennelemente“

Schutzziel „Einschluss radioaktiver Stoffe“

Der Einschluss radioaktiver Stoffe ist im Normalbetrieb sichergestellt durch die Dichtheit der Betriebssysteme, die permanent überwacht wird. Im Containment besteht im Normalbetrieb ein Unterdruck gegenüber der Umgebung, so dass selbst bei einer Undichtigkeit die Luft nach innen fliesst und keine radioaktiven Stoffe auf diesem Weg in die Umgebung gelangen können.

Beim Siedewasserreaktor werden bei einem Kühlmittelverluststörfall alle nicht zur Notkühlung benötigten Systeme und das Containment isoliert. Die schnelle Isolation der Frischdampfleitungen (Leitungen mit Dampf aus dem Reaktor) verhindert bei einem Frischdampfleitungsbruch eine Beschädigung der Brennstoffhüllrohre durch unzulässige Erhitzung und eine unzulässige Abgabe von Radioaktivität an die Umgebung.

Beim Druckwasserreaktor wird beim Kühlmittelverluststörfall das Containment isoliert. Beim Bruch einer Dampf- oder Speisewasserleitung oder bei einem Dampferzeugerheizrohrbruch wird zusätzlich der betroffene Dampferzeuger isoliert. Damit wird sichergestellt, dass radioaktive Stoffe nicht in die Umgebung gelangen.

Die Isolationssysteme müssen als Sicherheitssystem das Einzelfehlerkriterium erfüllen, weshalb sie grundsätzlich aus zwei Armaturen hintereinander bestehen. Mit der Isolation des Containments wird automatisch auch das Notabluftsystem gestartet, um die Unterdruckhaltung des sekundären gegenüber dem primären Containment aufrechtzuerhalten und so eine Freisetzung radioaktiver Stoffe nach aussen weitgehend zu verhindern.

Die 5 Ebenen der gestaffelten Sicherheitsvorsorge

Anforderungsfall: Normalbetrieb

Ziel: Vermeidung von Betriebsstörungen

Systeme, Ausrüstungen und Massnahmen: Betriebssysteme einschliesslich der erforderlichen Versorgungssysteme und Leitanlagen

Anforderungsfall: Betriebsstörungen

Ziel: Beherrschung von Betriebsstörungen

Systeme, Ausrüstungen und Massnahmen: Begrenzungssysteme einschliesslich der erforderlichen Versorgungssysteme und Leitanlagen

Anforderungsfall: Auslegungsstörfälle

Ziel: Beherrschung von Auslegungsstörfällen, sodass ein Kernschaden verhindert wird

Systeme, Ausrüstungen und Massnahmen: Sicherheits- und Notstandsysteme einschliesslich der erforderlichen Versorgungssysteme und Leitanlagen

Anforderungsfall: Auslegungsüberschreitende Störfälle ohne schweren Kernschaden

Ziel: Beherrschung bestimmter auslegungsüberschreitender Störfälle

Systeme, Ausrüstungen und Massnahmen: Notfallsysteme und Notfallausrüstungen (präventive Notfallmassnahmen)

Anforderungsfall: Auslegungsüberschreitende Störfälle mit schwerem Kernschaden

Ziel: Begrenzung der Freisetzung radioaktiver Stoffe

Systeme, Ausrüstungen und Massnahmen: Notfallausrüstungen (mitigative Notfallmassnahmen)

Anforderungsfall: Schwere Notfälle mit grösserer Freisetzung radioaktiver Stoffe in die Umgebung

Ziel: Linderung der radiologischen Auswirkungen in der Umgebung

Systeme, Ausrüstungen und Massnahmen

  • Massnahmen zur Minimierung der Strahlendosis der Bevölkerung und des Personals

Dies ist der achte von 13 Teilen zur gestaffelten Sicherheitsvorsorge. Der nächste Teil behandelt die Notstandsysteme.

Dieser Artikel wurde am 30.11.2018 aktualisiert.

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