Topical Peer Review der EU zum Brandschutz in Kernanlagen: Einschätzungen des ENSI bestätigt
Die Schweiz hat am Topical Peer Review der EU zum Thema Brandschutz in Kernanlagen teilgenommen. Der nun veröffentlichte Bericht fasst die Begutachtung und vertiefte Diskussionen der anderen Aufsichtsbehörden zusammen. Wie das ENSI bereits Ende 2023 in seinem Länderbericht erläuterte, sollen die Brandschutzkonzepte bei einigen Kernanlagen aktualisiert werden.
Die European Nuclear Safety Regulators Group (ENSREG) der Europäischen Kommission hat soeben ihren Bericht, den sogenannten Country Review Report (CRR) Switzerland, über den Stand des Brandschutzes in den Schweizer Kernanlagen veröffentlicht. Dieser Bericht fasst die Begutachtung durch die anderen teilnehmenden Aufsichtsbehörden (Peer Review) und die vertiefte Diskussion ihrer Erkenntnisse, die im Herbst 2024 in Luxemburg stattfand, zusammen. Grundlage dafür ist der Länderbericht (Country Report), den das ENSI Ende 2023 der ENSREG eingereicht hat.
«Ziel des Topical Peer Review der EU ist es, beim Brandschutz in Kernanlagen der jeweiligen teilnehmenden Staaten Verbesserungsmöglichkeiten zu finden», erläutert Felix Altorfer, Mitglied der Geschäftsleitung des ENSI. «Für das ENSI sind solche unabhängigen Prüfungen durch externe Experten deshalb wertvoll und wichtig.»
Das ENSI und die externen Aufsichtsbehörden (ENSREG) haben im Country Review Report (CRR) vier Verbesserungsbereiche (Areas of Improvement) und zwei Bereiche mit guter Leistung (Areas of good performance) identifiziert.
Die vier Verbesserungsbereiche werden in einen nationalen Handlungsplan (National Action Plan) aufgenommen. Daraus wird das ENSI bis Ende 2025 Massnahmen definieren. Die Verbesserungsbereiche wurden grösstenteils im Länderbericht des ENSI von 2023 erwähnt. Die zwei Bereiche mit guter Leistung sind als Beispiele für mögliche zusätzliche Optimierungen bei anderen Kernanlagen in der Schweiz und im Ausland zu verstehen.
In der anfangs Oktober 2024 veröffentlichten neuen Richtlinie ENSI-G18 macht das ENSI Vorgaben zum baulichen, technischen, organisatorischen und abwehrenden Brandschutz. Die Brandschutz-Richtlinie ist im Einklang mit den Vorgaben der IAEA (Safety Requirements) und der WENRA (Safety Reference Levels).
Basierend auf dem Schweizer Länderbericht zum Brandschutz in Kernanlagen und der Begutachtung durch die teilnehmenden Aufsichtsbehörden (Peer Review) wurden im Country Review Report folgende vier Verbesserungs- und zwei Vorzeigebereiche festgehalten:
Verbesserungsbereich (1) bei den Kernanlagen Beznau und Gösgen sowie dem Zwischenlager Beznau (Zwibez): Notwendigkeit einer Überarbeitung des Brandschutzkonzepts in ein «übergreifendes Brandschutzkonzept» und detaillierte gebäudespezifische Brandschutzkonzepte.
Verbesserungsbereich (2) beim Kernkraftwerk Leibstadt: Es gibt zwei verschiedene IT-Systeme zur Unterstützung des Brandlastmanagements. Dies ermöglicht keine effiziente Informationsbeschaffung.
Verbesserungsbereich (3) bei der Kernanlage Zentrales Zwischenlager Zwilag: Notwendigkeit der Aktualisierung und Ergänzung der Brandschutzkonzepte und der zugehörigen Dokumentation gemäss dem aktuellen Stand der Technik.
Verbesserungsbereich (4) bei allen Schweizer Kernkraftwerken: Es besteht die Notwendigkeit, das Detektionsprinzip in Bereichen/Räumen mit hoher oder sehr hoher Strahlenbelastung, zu überprüfen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Auslegung der Brandmeldeanlagen hauptsächlich auf der Richtlinie «Brandmeldeanlagen» des SES (Verband Schweizerischer Errichter von Sicherheitsanlagen) basiert, welche den aktuellen Stand der Technik in Industrieanlagen abdeckt. Die Notwendigkeit unterschiedlicher Detektionsprinzipien sollte durch eine Gefährdungsbeurteilung unter Berücksichtigung der nuklearen Sicherheit und des Strahlenschutzes begründet werden.
Bereich mit guter Leistung (1) bei der Kernanlage Zentrales Zwischenlager Zwilag: Brände, die durch einen Absturz eines Militärflugzeugs verursacht werden, wurden bei der Planung des Lagers für abgebrannte Brennelemente und der Lager für radioaktive Abfälle berücksichtigt. Erklärung für diese Erkenntnis ist die Tatsache, dass in der Entwurfsphase detaillierte Analysen für die Gebäude zur Lagerung von abgebrannten Brennelementen und radioaktiven Abfällen für den Aufprall eines Militärflugzeugs durchgeführt wurden. Die Analyse eines Brandes infolge eines Flugzeugabsturzes mit Verbrennung von Flugzeugtreibstoff wird bei Lagern für radioaktive Abfälle in der Regel nicht durchgeführt.
Bereich mit guter Leistung (2) bei allen Schweizer Kernkraftwerken: Robustheit des Brandmeldesystems gegenüber Einzelfehlern. Die Erkenntnis basiert darauf, dass «die Brandmeldezentralen, die zur Überwachung der einzelnen Redundanzen von Sicherheits- und Notfallsystemen verwendet werden, funktional und räumlich voneinander getrennt sein müssen» (Richtlinie für die schweizerischen Kernanlagen ENSI-G18, Abschnitt 6.1.2). Diese Anforderung gewährleistet die Robustheit gegenüber einem einzelnen Ausfall, der mehr als eine Redundanz betrifft.
Am 18. Juni 2025 wird die ENSREG eine abschliessende öffentliche Sitzung für Stakeholder im Hybridformat in Brüssel abhalten. Ziel ist es, die Ergebnisse dieses zweiten Topical Peer Review zum Brandschutz in Kernanlagen einem breiteren Publikum interessierter Personen vorzustellen.
Nach der Reaktorkatastrophe in Fukushima im Jahr 2011 unterzogen sich alle Kernkraftwerke in der Europäischen Union, der Schweiz und der Ukraine einem Stresstest. Dabei wurden gewisse Situationen (von Vorkommnissen bis hin zu Unfällen) subsumiert und die Erkenntnisse daraus festgehalten, um die nukleare Sicherheit und den Strahlenschutz zu verbessern. Die Berichte wurden anschliessend von internationalen Expertinnen und Experten begutachtet und veröffentlicht.
Im Jahr 2014 hat der Rat der Europäischen Union die EU-Sicherheitsrichtlinie für die Sicherheit kerntechnischer Anlagen aktualisiert. Diese sieht unter anderem sogenannte Topical-Peer-Reviews für Kernanlagen vor – einen Begutachtungsprozess durch Partnerländer zu einem bestimmten Schwerpunktthema. Alle sechs Jahre liegt der Fokus auf einem anderen Aspekt der technischen Sicherheit von Kernanlagen.
Das erste thematische Peer-Review wurde von 2017 bis 2018 durchgeführt. Thema war das Alterungsmanagement technischer Komponenten in Kernkraftwerken und Forschungsreaktoren. Im Oktober 2018 genehmigte die ENSREG den Bericht über die Überprüfung und die damit verbundenen länderspezifischen Ergebnisse.
Das zweite thematische Peer-Review befasst sich mit dem Brandschutz in nuklearen Anlagen. Die Schweiz sowie zahlreiche weitere Staaten reichten 2023 ihre Länderberichte ein. Darin wurden die brandschutztechnischen Vorkehrungen in den jeweiligen Kernanlagen dargelegt und bewertet.
Bundesrat genehmigt den Tätigkeits- und Geschäftsbericht 2024 des ENSI-Rates
Der ENSI-Rat beurteilt die Aufsichtstätigkeit des ENSI über die Schweizer Kernanlagen als verantwortungsvoll, angemessen und von hoher Qualität.
Artikel, News, Richtlinien in Kraft
ENSI publiziert Neuausgabe der Richtlinie ENSI-G14 «Berechnung der Strahlenexposition in der Umgebung von Kernanlagen infolge emittierter radioaktiver Stoffe und Direktstrahlung»
Die Neuausgabe beinhaltet die Angleichung an die aktuellen internationalen Grundlagen, insbesondere der International Commission on Radiological Protection (ICRP) und der International Atomic Energy Agency (IAEA). Zudem entspricht die Richtlinie dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik und berücksichtigt die Erfahrungen aus der Aufsichtspraxis.
Artikel, News
24. bilaterales Treffen Österreich-Schweiz: Austausch über Strahlenschutz, Notfallschutz und Tiefenlagerung
Am 13. Mai 2025 tauschten die österreichische und die schweizerische Delegation am jährlichen Zusammenkommen in Wien Informationen aus dem Bereich der nuklearen Sicherheit und des Strahlenschutzes aus.
Artikel, Dokumente, News, Weitere Publikationen
ENSI veröffentlicht revidiertes Organisationsreglement
Das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat ENSI publiziert sein revidiertes Organisationsreglement. Das Reglement legt im Detail die Aufgaben, Verantwortlichkeiten, Organisation und Geschäftsführung des ENSI fest.
Artikel, News
8. Überprüfungskonferenz der Joint Convention: Schweiz gesamthaft positiv beurteilt
Das ENSI nahm vom 17. bis 28. März 2025 am achten Review-Meeting des Gemeinsamen Übereinkommens über die Sicherheit der Behandlung radioaktiver Abfälle (Joint Convention) teil. Der Schweizer Länderbericht erhielt eine «herausragende Leistung», dreimal eine «positive Beurteilung» und eine «Herausforderung».
Artikel, Dokumente, News, Weitere Publikationen
Aktualisierter Verhaltenskodex
Im Dezember 2012 verabschiedeten der ENSI-Rat und die Geschäftsleitung des ENSI einen Verhaltenskodex. Der Verhaltenskodex fasst die wichtigsten Grundsätze und Regeln für die für das ENSI tätigen Personen zusammen, um den guten Ruf, die Glaubwürdigkeit und das Ansehen des ENSI zu erhalten und zu stärken. Der Verhaltenskodex hat sich seit über 10 Jahren bewährt.
Artikel, News, Richtlinien in Kraft
ENSI publiziert Revision der Richtlinie ENSI-A06 «Probabilistische Sicherheitsanalyse (PSA): Anwendungen»
Das ENSI hat die Richtlinie ENSI-A06 «Probabilistische Sicherheitsanalyse (PSA): Anwendungen» punktuell revidiert und nun veröffentlicht. Die Revision der Richtlinie umfasst eine Präzisierung für die risikotechnische Beurteilung von temporären Änderungen der Technischen Spezifikation (Kap. 6.3.3 Bst. e) sowie eine Bestimmung zur Erstellung einer Liste von einer bestimmten Teilmenge von Komponenten, die spezifisch anhand der PSA als…
Artikel, News
Deutsch-Schweizerische Kommission tauscht sich über Tiefenlager und Langzeitbetrieb aus
Die Deutsch-Schweizerische Kommission traf sich am 18. und 19. Dezember 2024 zur Hauptsitzung in Locarno. Der Fokus der Gespräche lag auf der Einreichung des Rahmenbewilligungsgesuchs für ein Tiefenlager. Weitere Themen waren die neuen Richtlinien und die regulatorischen Entwicklungen.
Artikel, News
Der ENSI-Rat informierte sich über die nukleare Sicherheit in Finnland und Schweden
Im Herbst 2024 traf sich der ENSI-Rat mit der finnischen Behörde für Strahlenschutz und nukleare Sicherheit (STUK) und der schwedischen Behörde für Strahlenschutz (SSM). Zudem stand in Finnland ein Besuch der Kernkraftwerke am Standort Olkiluoto auf dem Programm. Das wesentliche Ziel der Gespräche mit den Aufsichtsbehörden lag in der generellen Diskussion des Langzeitbetriebs von Kernkraftwerken…