Die Grenzwerte für die Abgaben radioaktiver Stoffe über Abluft oder Abwasser (Abgabelimiten) sind gemäss Kernenergiegesetzgebung in der Regel in der Betriebsbewilligung für die jeweilige Kernanlage festgelegt. Für einige Forschungsanlagen, unter anderem das Paul Scherrer Institut PSI, existiert dafür eine spezifische Abgabebewilligung.
Die Abgabelimiten sind dabei so gewählt, dass eine Person in der Umgebung einer Kernanlage auch unter ungünstigen Annahmen höchstens eine jährliche Dosis von 0,3 Millisievert durch Direktstrahlung und aus den radioaktiven Abgaben akkumulieren kann. Das entspricht rund fünf Prozent der durchschnittlichen jährlichen Strahlenbelastung in der Schweiz.
Abgaben über den Abluftkamin
Die Abgabekontrolle umfasst dabei einerseits eine kontinuierliche Messung mittels Abluftmonitore. Diese zeigen das Erreichen von voreingestellten Warn- und Alarmschwellen bei den einzelnen Stoffgruppen im Kommandoraum der Anlage an; gegebenenfalls lösen sie geeignete Gegenmassnahmen aus. Andererseits erfolgen in allen Anlagen sogenannte bilanzierende Messungen, um die gesamthaft während eines Zeitraums emittierten radioaktiven Stoffe zu ermitteln und mit den anwendbaren Limiten zu vergleichen. Die Abgaben über die Abluft erfolgen im Normalbetrieb über den Abluftkamin. Limitiert sind hier die kurzzeitige und die jährliche Abgabe der drei Stoffgruppen Edelgase, Aerosole mit Halbwertszeiten grösser acht Tage und Iod. Für spezielle Anlagen können zudem die Abgaben von C-14 und Tritium begrenzt sein.
Die Überwachung der luftgetragenen radioaktiven Abgaben erfolgt in den einzelnen Kernanlagen durch den Betreiber gemäss den Vorgaben des sogenannten Abgabe- und Umgebungsüberwachungs-Reglements.
Abgaben an Gewässer
Flüssige radioaktive Abgaben aus Kernanlagen erfolgen in der Regel chargenweise. Das heisst, die radioaktiven Abwässer werden in Tanks gesammelt und anschliessend kontrolliert an Oberflächengewässer abgegeben. Limitiert sind in diesem Fall die Werte von Tritium und den übrigen Radionukliden – einerseits für die jährlichen Abgaben, andererseits für die Tanks vor der Abgabe.
Die Überwachung der Abgaben erfolgt auch hier durch den Betreiber gemäss dem erwähnten Reglement. Dabei wird die gesamte Aktivitätskonzentration im abgabebereiten Tank ermittelt. Wenn der ermittelte Aktivitätswert die Konzentrationslimite unterschreitet, kann der Tankinhalt nach der Entnahme einer Probe für die spätere Bilanzierung an das Oberflächengewässer abgepumpt werden.
Wenn diese Bedingung nicht erfüllt ist, sind vor einer Abgabe weitere, verfeinerte Messungen und gegebenenfalls eine erneute Aufbereitung des Tankinhalts mittels Verdampfern oder Filtern notwendig. In der Abgabeleitung ist zudem ein Wächtermonitor installiert, welcher die Abgabe aus dem Tank unterbricht, wenn ein voreingestellter Schwellenwert überschritten wird.
Werte werden bilanziert
Für einen bestimmten Zeitraum, beispielsweise ein Quartal oder ein Jahr, wird die Menge der abgegebenen Radioaktivität zusammengezählt. Für diese Bilanzierung werden die vor der Abgabe erhobenen Bilanzierungsproben oder auch Monatsmischproben im Labor mittels verschiedener Analyseverfahren (Gammaspektrometrie, Beta- und Alphamessungen) ausgewertet. Die Resultate werden mit den Jahresabgabelimiten verglichen.
Die Resultate der Abgabebilanzierung und die Aktivitätskonzentrationen, welche für die Überprüfung der Einhaltung aller Abgabelimiten notwendig sind, werden von den Kernanlagen in ihren Monats- und Quartalsberichten dargelegt.
ENSI überprüft Abgabeüberwachung
Im Rahmen von Inspektionen überzeugt sich das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat ENSI, dass die Abgabeüberwachung gemäss den Erfordernissen des Abgabe- und Umgebungsüberwachungsreglements durchgeführt wird. Das ENSI und das Bundesamt für Gesundheit BAG erheben zudem stichprobenweise Proben und führen eigene Messungen durch, um die Messverfahren der Werke zu überprüfen.
Durch Messungen und Probenahmen in der Umgebung werden die radiologischen Auswirkungen erfasst. Diese Messungen erfolgen gemäss einem von BAG und ENSI gemeinsam aufgestellten Messprogramm, welches ebenfalls einen integrierten Bestandteil des Abgabe- und Umgebungsüberwachungsreglements für die jeweilige Anlage darstellt. Die Messungen selbst werden von verschiedenen Labors und Messstellen von Bund, Kantonen und Betreibern durchgeführt.
Die Resultate der Abgabe- und Umgebungsüberwachung werden jährlich im Aufsichts- und Strahlenschutzbericht des ENSI sowie dem Jahresbericht zur Umweltradioaktivität des BAG veröffentlicht.
Weitere Informationen
- Die Strahlendosis in den Kernkraftwerken bleibt tief
- Das ENSI überwacht die Radioaktivität aus Kernanlagen
- Richtlinie HSK-G13 Strahlenschutzmessmittel in Kernanlagen: Konzepte, Anforderungen und Prüfungen
- Richtlinie ENSI-G14 Berechnung der Strahlenexposition in der Umgebung aufgrund von Emissionen radioaktiver Stoffe aus Kernanlagen (PDF)