„Das ENSI ist kein Akteur der Energiepolitik. Das ENSI ist ein Akteur der Sicherheit – nicht mehr und nicht weniger“, sagte die Energieministerin den anwesenden Parlamentariern, Gemeindevertretern, KKW-Betreibern und Mitgliedern von Umweltorganisationen sowie Mitarbeitenden des ENSI. „Eine fundierte Zweitmeinung ist aus unserer Sicht wichtig und wertvoll“, erklärte Doris Leuthard weiter.
Dazu habe der Gesetzgeber die Kommission für Nukleare Sicherheit KNS geschaffen. „Aber die Verantwortung für die Sicherheitsaufsicht über die schweizerischen Kernanlagen bleibt auch mit dieser Zweitmeinung einzig und ungeteilt beim ENSI.“ Es wäre ihrer Ansicht nach der nuklearen Sicherheit jedoch keineswegs dienlich, wenn neben dem ENSI eine weitere Aufsichtsbehörde geschaffen würde.
„Das ENSI hat seine Massnahmen ohne Wenn und Aber darzulegen und umzusetzen“, betonte die Vorsteherin des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation UVEK. Sie wies auch mit Nachdruck darauf hin, dass der Entscheid über die Betriebsdauer ein politischer Entscheid sei.
ENSI-Direktor Hans Wanner erklärte in seinem Referat, dass aus Sicht der Nuklearaufsicht zum jetzigen Zeitpunkt nichts dagegen spreche, dass die Schweizer Kernkraftwerke in der Lage sind, ihren Beitrag zur Energiestrategie 2050 des Bundesrates wie geplant zu erfüllen. „Fukushima hat das hohe Sicherheitsniveau der Schweizer Werke bestätigt“, betonte er. „Aus technischer Sicht sind Betriebszeiten von 50 Jahren und mehr möglich.“ Es gebe aber keine Garantie. Eine frühzeitige Stilllegung sei jederzeit möglich. Die klaren gesetzlichen Vorschriften, wann ein Kernkraftwerk ausser Betrieb genommen werden muss, würden auch für die verbleibende Laufzeit der Anlagen gelten.
„Die Schweiz ist in Europa führend“
In der anschliessenden Diskussion standen zunächst die Massnahmen nach Fukushima im Mittelpunkt. Bojan Tomic, Leiter des Peer-Review-Teams für den Schweizer Länderbericht zum EU-Stresstest, erläuterte die Erkenntnisse und hielt fest: „Die Schweiz ist in Europa führend.“ Diesen auch im internationalen Vergleich hohen Sicherheitsstandard verdanke die Schweiz nicht zuletzt auch dem hier konsequent praktizierten Prinzip der ständigen Nachrüstungen. Der Stresstest habe aber auch gezeigt, dass es Raum für Verbesserungen gebe.
Grundsätzliche Kritik am ENSI-Forum gab es von Greenpeace-Vertreter Kaspar Schuler. Die Umweltorganisationen hatten schon im Vorfeld der Veranstaltung ein Experten-Hearing verlangt. Gery Meier, Gemeindepräsident von Däniken, betonte das gute Einvernehmen mit dem Kraftwerkbetreiber Gösgen.
„Wir kennen die Leute, die im Kraftwerk arbeiten. Sie haben das nötige Sicherheitsdenken.“ Bei seinen regelmässigen Gesprächen mit der Kernkraftwerksleitung, höre auch immer wieder Klagen, das ENSI stelle zu viele Forderungen. „Das gibt mir Vertrauen, dass das System funktioniert.“
Bereitschaft zu Investitionen ist entscheidend
Im zweiten Teil des Forums stand die Gestaltung der Sicherheit bei einem geordneten Ausstieg im Fokus. Das Schweizer Kernenergiegesetz kennt heute keine fixen Laufzeiten. Die Schweizer Kernkraftwerke können so lange betrieben werden, wie sie sicher sind. Auf der politischen Bühne wird zurzeit aber über eine Laufzeitbegrenzung diskutiert.
In seinem Referat hatte ENSI-Direktor Hans Wanner die Idee ins Spiel gebracht, die Betreiber sollten ein umfassendes Konzept für die Restlaufzeit erstellen, inklusive die nötigen Investitionen in die laufende, weitere Verbesserung der Sicherheit. Denn „entscheidend für die Lebensdauer eines Kraftwerks ist die Bereitschaft der Betreiber, diese Investitionen zu tätigen.“
Die Betreiber äusserten sich in der Diskussion zurückhaltend zum Vorschlag des ENSI-Direktors. Während swissnuclear-Präsident Stephan Döhler keine Jahreszahl nennen wollte, sprach Kurt Rohrbach, Vorsitzender der BKW-Konzernleitung, von 2022 als Zielgrösse für das Kernkraftwerk Mühleberg und Michaël Plaschy, Leiter der Geschäftseinheit Nukleare und Thermische Produktion der Alpiq, wies darauf hin, dass das Kernkraftwerk Gösgen mit 30 Jahren jetzt etwa die Hälfte der Lebensdauer erreicht habe. Stephan Döhler betonte: „Wir investieren in unsere Kernkraftwerke, damit sie über die ursprünglich geplante Laufzeit hinaus sicher bleiben.“
Kernkraftwerke nicht „ausfahren“
Die Beschränkung der Laufzeit, sei nicht zuletzt auch ein politischer Entscheid, betonte ENSI-Direktor Hans Wanner. Was auch immer entschieden werde, es dürfe nicht sein, dass die Kernkraftwerke gegen Ende ihrer Betriebszeit „ausgefahren“ würden. Ein Kraftwerk müsse stillgelegt werden, solange noch Sicherheitsmargen bestehen.
In seiner Zusammenfassung zog ENSI-Direktor Hans Wanner eine positive Bilanz des ENSI-Forums: „Es ist wichtig, dass der Dialog geführt wird.“ Der Anlass habe aber auch gezeigt, dass es über die Umweltverbände hinaus weitere Akteure gibt, die es in der Diskussion zu berücksichtigen gelte. Er kann sich gut vorstellen, dass technische Aspekte in speziellen Gremien diskutiert werden könnten.