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1 Jahr Fukushima: „Sicherheit hat immer oberste Priorität“

Nach dem Reaktorunglück in Fukushima hat die Schweiz den Ausstieg aus der Nuklearenergie beschlossen. Die Hauptaufgabe des Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorats ENSI bleibt nach wie vor bestehen. Auch beim Thema Langzeitbetrieb wird die Sicherheit der Schweizer KKW am höchsten gewichtet.

Hans Wanner

Videointerview Teil 2

Nach dem Unglück an der japanischen Ostküste vom 11. März 2011 haben Bundesrat und Parlament beschlossen, keine neuen Kernkraftwerke zu bauen und aus der Kernenergie auszusteigen. Seither wird der Langzeitbetrieb der Schweizer Kernkraftwerke Beznau, Gösgen, Leibstadt und Mühleberg sicherheitstechnisch vermehrt hinterfragt. Für Direktor Hans Wanner ist klar: Das ENSI muss die Aufgabe erfüllen, sich „nicht von der Politik beeinflussen zu lassen“ und „seine fachliche Arbeit für die Sicherheit von Kernkraftwerken seriös und geradlinig weiterzuführen“.

Zum ersten Teil des Videointerviews

Transkription des zweiten Teils des Videointerviews

Die Zeitung Die Botschaft transkribiert in ihrer Ausgabe vom Samstag, 10. März 2012, das Videointerview mit ENSI-Direktor Hans Wanner:

In der Folge von Fukushima haben der Bundesrat und das Parlament entschieden, aus der Kernenergie auszusteigen. Was bedeutet das eigentlich fürs Ensi? Für das Ensi bedeutet es, dass wir sämtliche Projekte, die mit den Neubaugesuchen verbunden waren, sofort eingestellt haben. Wir haben die personellen Ressourcen auch dringend für dieses Fukushima-Ereignis gebraucht. Aber sonst geht unsere Arbeit wie gewohnt weiter. Wir haben immer noch die Aufsicht über die laufenden Kernkraftwerke und die restlichen Kernanlagen der Schweiz.

Der Bundesrat hat im Rahmen einer Antwort auf eine Interpellation vor ein paar Tagen bekräftigt, dass er keine Laufzeitbegrenzung will. Können Sie als Leiter der Aufsichtsbehörde sagen, wie lange die Kernkraftwerke noch in Betrieb sein können? Laut Gesetz können die Kraftwerke so lange in Betrieb bleiben, wie sie sicher sind. Und das Ensi als Sicherheitsbehörde hat diese Sicherheit ja zu beurteilen. Aber man muss wissen, dass die Sicherheit eben nicht eine Funktion nur des Alters der Anlage ist, sondern es ist auch sehr stark davon abhängig, ob der Betreiber bereit ist, die nötigen Investitionen in die Instandhaltung der Werke und auch die nötigen Investitionen in Verbesserungen zu tätigen.

Die Kernkraftwerke in der Schweiz sind zum Teil schon 40 Jahre alt. Wie fit sind sie denn eigentlich? Sie sind sehr fit. Wir machen laufend Inspektionen, überprüfen die Berichterstattung, führen Aufsichtsgespräche. Sie müssen auch periodisch umfassende Sicherheitsüberprüfungen durchführen, die die ganze Betriebserfahrung berücksichtigen. Und im Laufe der letzten Jahrzehnte sind auch fast alle Komponenten, die man ersetzen kann, ersetzt worden und sind deshalb in recht neuem Zustand. Es gibt Komponenten, die man nicht ersetzen kann. Das ist der Reaktordruckbehälter und im Prinzip der sogenannte Primärkreislauf. Dafür gibt es klare Vorschriften, die in einer Verordnung über die Alterungsvorgänge in diesen Primärkomponenten geregelt sind. Das heisst, Versprödung, Wanddicken und so weiter dürfen einen bestimmten Wert nicht über- respektive unterschreiten. Das wird laufend von uns geprüft.

Also ist es in Zukunft eine immer wichtigere Aufgabe für das Ensi, hier auf die Sicherheit zu achten? Es ist absolut so, dass mit fortschreitendem Alter diese Fragen auch in der Öffentlichkeit ein immer stärkeres Gewicht bekommen. Für uns haben sie aber immer ein grosses Gewicht gehabt. Und da arbeiten wir auch international mit anderen Behörden zusammen, die die gleiche Fragestellung auch bewerten müssen.

Sie haben vorhin die Investitionsbereitschaft der Betreiber erwähnt. Auf der anderen Seite sind diejenigen, die möglichst rasch aussteigen wollen. Wie gehen Sie mit diesem Spannungsverhältnis zwischen Ausstieg und Wirtschaftlichkeit um? Wir sind in einem politischen Spannungsfeld. Unsere Aufgabe ist es, uns von der Politik nicht beeinflussen zu lassen. Wir müssen unsere fachliche Arbeit für die Sicherheit der Kernkraftwerke seriös und geradlinig weiterführen und dürfen uns durch politische Störmanöver nicht ablenken lassen.

Und von Seiten der Wirtschaft? Auch da: Sicherheit hat immer oberste Priorität, das ist das höchste Prinzip der Sicherheitskultur. Das ist ein grosses Anliegen von uns und in den Schweizer Werken implementiert. Sicherheit steht immer vor der Wirtschaftlichkeit. Die Ökonomie kommt für die Betreiber an zweiter Stelle. Die müssen selber abwägen, wie viel sie noch investieren wollen oder ob sie die Anlage lieber abschalten.

(Quelle: Die Botschaft, Ausgabe vom 10. März 2012)

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