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Technisches Forum Sicherheit diskutiert Transmutation und Tiefenlagerung

Was ist Transmutation? Wie funktioniert sie? Was sind ihre Auswirkungen auf die Entsorgung radioaktiver Abfälle? Diese und weitere Fragen diskutierten die Teilnehmenden an der 62. Sitzung des Technischen Forums Sicherheit, das am 25. September 2025 stattfand.

Das Kernenergiegesetz schreibt die Entsorgung radioaktiver Abfälle in einem Tiefenlager vor, da manche radioaktiven Stoffe über sehr lange Zeiträume zerfallen. Im Tiefenlager bleiben sie in tiefen geologischen Schichten eingeschlossen und werden somit von der Biosphäre ferngehalten.

Der Zerfall radioaktiver Stoffe definiert sich über die Halbwertszeit. Konkret: Nach einer Halbwertszeit eines radioaktiven Stoffes ist nur noch die Hälfte der anfänglichen Menge seiner Radioaktivität vorhanden. So zerfällt beispielsweise der radioaktive Wasserstoff mit einer Halbwertszeit von rund 12 Jahren. Nach vier Halbwertszeiten (rund 48 Jahre) ist entsprechend nur noch 0.5 x 0.5 x 0.5 x 0.5 = 1/16 der ursprünglichen Menge vorhanden.

Im Tiefenlager werden künftig auch radioaktive Materialien mit teilweise sehr langen Halbwertszeiten eingelagert. Abgebrannte Brennelemente enthalten neben Uran auch im Reaktor erzeugte Stoffe wie Neptunium (Np), Plutonium (Pu), Americium (Am) und Curium (Cm). (Abb. 1)

Felix Altorfer, Leiter des Bereichs Entsorgung am ENSI und Andreas Pautz, Leiter des Centers for Nuclear Engineering and Sciences am Paul Scherrer Institut PSI präsentierten im Technischen Forum Sicherheit die Möglichkeiten und Grenzen der Transmutation.



Abb. 1 Zusammensetzung von abgebrannten Brennelementen (Quelle DPG)


Mit Transmutation zu kürzeren Halbwertszeiten?

Transmutation bezeichnet die Umwandlung eines chemischen Elements in ein anderes. «Verfahren, welche Stoffe mit grossen Halbwertszeiten in Stoffe mit kurzen Halbwertszeiten umwandeln, sind für die Entsorgung sehr interessant. Denn so kann die Einlagerungszeit im Tiefenlager erheblich verkürzt werden», erläuterte Felix Altorfer.

Weltweit laufen dazu verschiedene Untersuchungen (beispielsweise durch Beschuss mit Neutronen oder Laserstrahlen). Deren Einsatz bedingt, dass man abgebrannte Brennelemente wiederaufbereiten darf. In der Schweiz ist die Wiederaufbereitung von Brennelementen gemäss Kernenergiegesetz Art. 9 verboten. Aber auch wenn die Gesetzeslage anders wäre: Trotz Einsatz von Transmutation verbleiben radioaktive Stoffe, die von der Biosphäre ferngehalten werden müssen.

Transmutation geschieht auch in den Kernreaktoren. Ein grosser Teil der langlebigen radioaktiven Stoffe aus abgebrannten Brennelementen könnte bereits heute in einem speziell dafür geeigneten Kernreaktor zur Stromproduktion wiederverwendet werden. Andreas Pautz erklärte: «Diese als schnelle Reaktoren bezeichneten Kraftwerke werden weltweit seit über 60 Jahren entwickelt und sind an verschiedenen Orten in Betrieb gewesen oder werden betrieben, beispielsweise in den USA, Frankreich, Russland und China. In Russland werden die mit flüssigem Natrium gekühlten schnellen Reaktoren BN-600 und BN-800, mit einer Leistung von 560 Megawatt respektive 880 Megawatt, bereits zur Stromproduktion genutzt und auch in China setzt man auf natriumgekühlte schnelle Reaktoren CFR-600 mit einer Leistung von 600 Megawatt.» Als Grössenvergleich: Das traditionell mit Wasser gekühlte Kernkraftwerk Gösgen besitzt eine Leistung von rund 1000 Megawatt.

Bedarf für Tiefenlager nach wie vor gegeben

Trennt man aus den abgebrannten Brennelementen die langlebigen Stoffe zum Einsatz in schnellen Reaktoren ab, verbleiben die radioaktiven Stoffe mit deutlich kürzeren Halbwertszeiten. Diese zerfallen innerhalb von rund 1000 Jahren. Gesamthaft würde so die Menge der Stoffe, die in einem Tiefenlager eingelagert werden müsste, sinken und der Zerfall der Stoffe rascher voranschreiten. (Abb. 2).


Abb. 2: Die Transmutation von langlebigen Stoffen führt dazu, dass sich die notwendigen Einschlusszeiten in einem Tiefenlager von einer Million Jahre auf rund 1000 Jahre verkürzen. (Quelle DPG)

Transmutation kann somit ein Tiefenlager nicht ersetzen.  Es würden immer noch radioaktive Stoffe verbleiben, die von der Biosphäre ferngehalten werden müssen. «Ein Tiefenlager ist also unabhängig vom Einsatz eines Transmutationsverfahrens trotzdem notwendig», halten die beiden Vortragenden abschliessend fest.

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