Betroffenes Werk / Titel
KKW Beznau 1: Reaktorschnellabschaltung infolge eines zu hohen Füllstandes in einem Dampferzeuger
Datum / Zeit
12. August 2024 / 13:50 Uhr
Sachverhalt
Zum Schutz der Aare vor zu hohen Wassertemperaturen wurde die Reaktorleistung am 12. August 2024 im KKW Beznau 1 auf ungefähr 90 % reduziert. Infolge eines blockierten Speisewasserregelventils kam es zu einem Anstieg des Niveaus im Dampferzeuger B. Bei einem Niveau von 65 % erfolgte der „AUS-Befehl“ für alle Hauptspeisewasserpumpen. Dies führte auslegungsgemäss – d. h. wie für einen solchen Fall als Sicherheitsfunktion vorgesehen – zu einer Reaktorschnellabschaltung.
Als Ursache für die Blockierung des Regelventils wurde eine lose Kontermutter an der Ventilspindel ermittelt. Die Schrauben der Kontermutter hatten sich gelöst, wodurch sich diese im Betrieb entlang der Ventilspindel nach unten gedreht hatte und so die Schliessbewegung des Ventils verhinderte.
Nach der Instandsetzung und einer anschliessenden Funktionskontrolle konnte der Block 1 noch am gleichen Tag den Leistungsbetrieb wieder aufnehmen.
Einstufung (nach Richtlinie ENSI-B03)
INES: 0 (unterhalb der Skala)
Massnahmen des Betreibers
Nach dem Vorkommnis hat der Betreiber zwei Massnahmen ergriffen:
- Es ist geplant, die Instandhaltungsvorschrift für die Speisewasserregelventile anzupassen: Die Verschraubungen der Kontermuttern sind neu zusätzlich mittels einer geeigneten Schraubensicherung zu sichern.
- Zudem sollen die Verschraubungen der Kontermuttern regelmässig (jährlich) visuell kontrolliert werden.
Massnahmen des ENSI
Die beiden Folgemassahmen werden von Seiten ENSI als sinnvoll erachtet. Das ENSI erwartet darüber hinaus auch die Einreichung der vom KKB gestarteten Mensch-Technik-Organisation (MTO) Analyse zu diesem Vorkommnis.
Beurteilung durch das ENSI
Der zu hohe Füllstand im Dampferzeuger wurde vom Reaktorschutz korrekt erkannt, wodurch die Reaktorschnellabschaltung ausgelöst wurde. Die Reaktorschnellabschaltung und die danach eingeleitete Nachkühlung funktionierten auslegungsgemäss.
Aus risikotechnischer Sicht führte das Vorkommnis zu einer Erhöhung der Wahrscheinlichkeit für einen Kernschaden, die grösser als 1 zu 100 Millionen aber kleiner als 1 zu 1 Million war. Die Risikobeiträge stammen aus der Reaktorschnellabschaltung mit unterstellter Unverfügbarkeit des Hauptspeisewassers und der latenten Unverfügbarkeit des Speisewasserregelventils.
Das Vorkommnis wird vom ENSI auf der internationalen INES-Skala mit INES 0 eingestuft.
Kriterien für die Aufschaltung auf der ENSI-Website
- Auslösung eines Sicherheitssystems
- Vorkommnis, das mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als 1 zu 100 Millionen zu einem Kernschaden führt
Das ENSI informiert die Öffentlichkeit in seinem jährlichen Aufsichtsbericht über sämtliche meldepflichtigen Vorkommnisse im Bereich der nuklearen Sicherheit. Zudem informiert das ENSI auf seiner Website laufend über Vorkommnisse, die eines der folgenden Kriterien erfüllen:
- INES-Stufe 1 oder höher,
- Auslösung von Sicherheitssystemen,
- Vorkommnis, das mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als 1 zu 100 Millionen zu einem Kernschaden führt,
- Inkorporation radioaktiver Stoffe mit einer Folgedosis von mehr als 1 mSv.