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Bilanz 2024: Kernanlagen haben Sicherheitsanforderungen erfüllt

Die Kernanlagen in der Schweiz haben im vergangenen Jahr die Anforderungen an einen sicheren Betrieb erfüllt. Zu diesem Schluss kommt das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat ENSI in einer ersten Bilanz zum Aufsichtsjahr 2024. Der Schutz der Bevölkerung und Umwelt vor radioaktiven Stoffen war gewährleistet.

Gesamtansicht des Kernkraftwerkes Leibstadt mit grüner Wiese

Im Jahr 2024 zählten die Kernanlagen 36 meldepflichtige Vorkommnisse, die für die Sicherheit relevant waren. Im Vorjahr waren es deren 24. Die meldepflichtigen Vorkommnisse des vergangenen Aufsichtsjahres verteilen sich wie folgt auf die Kernanlagen:

  • 6 Vorkommnisse im KKW Beznau 1
  • 7 Vorkommnisse im KKW Beznau 2
  • 1 Vorkommnis im KKW Beznau
  • 10 Vorkommnisse im KKW Gösgen
  • 9 Vorkommnisse im KKW Leibstadt
  • 1 Vorkommnis im KKW Mühleberg (ausser Betrieb)
  • 2 Vorkommnisse im Zentralen Zwischenlager Würenlingen

Das Paul Scherrer Institut und die École Polytechnique Fédérale de Lausanne verzeichneten im Jahr 2024 kein Vorkommnis.

Im Aufsichtsjahr 2024 waren zwei Reaktorschnellabschaltungen zu verzeichnen: Während des Abfahrens des KKW Leibstadt zur Jahreshauptrevision kam es am 29. April zu einer automatischen Reaktorschnellabschaltung. Ursache war das unerwartete Öffnen des Blockleistungsschalters. Das trennte die Anlage vom externen 380-kV-Netz. Am 12. August führte eine Fehlfunktion der Niveauregelung in einem der zwei Dampferzeuger im nicht-nuklearen Teil des KKW Beznau 1 zu einer automatischen Reaktorschnellabschaltung.

ENSI ordnet alle Vorkommnisse der INES-Stufe 0 zu

Das ENSI hat alle meldepflichtigen Vorkommnisse der Stufe 0 auf der internationalen Ereignisskala INES zugeteilt. Sie hatten somit eine geringe Bedeutung für die nukleare Sicherheit.

In den KKW Beznau, Gösgen und Leibstadt sind im Jahr 2024 überdurchschnittlich viele Vorkommnisse aufgetreten:

  • KKW Beznau: Drei Vorkommnisse sind auf Unregelmässigkeiten in der externen Stromversorgung zurückzuführen und deren vier auf alterungsbedingte Leckagen. Die Leckagen traten an Komponenten auf, die bei der Errichtung des KKW Beznau unklassiert waren. Sie wurden daher ohne Anwendung des nuklearen Regelwerks gebaut und erst später aufgrund des geänderten Regelwerks einer nuklearen Sicherheitsklasse zugewiesen. Die Problematik der konventionell gebauten Komponenten, die erst später einer nuklearen Sicherheitsklasse zugewiesen wurden, verfolgt das ENSI eng.
  • KKW Gösgen: Es gab unter anderem zwei Vorkommnisse mit Fremdmaterialeintrag zu verzeichnen. Das ENSI hat dieses Thema im Rahmen einer Inspektion adressiert.
  • KKW Leibstadt: Unter anderem haben zwei Vorkommnisse beim Verfestigen radioaktiver Rückstände in der Zementierbox beim Verfüllen von Abfallgebinden zu einer höheren Anzahl an meldepflichtigen Vorkommnissen beigetragen. Das KKW Leibstadt hat eine Analyse der Vorkommnisse durchgeführt und daraus Optimierungen für den Betrieb der Verfestigungsanlage abgeleitet. Im Juli 2024 hat das Werk darüber hinaus ein Projekt zur Modernisierung der Verfestigungssteuerung initiiert. Unter den optimierten Prozessbedingungen hat das KKW Leibstadt ohne weitere Auffälligkeiten 91 spezifikationskonforme Abfallgebinde hergestellt.

Das ENSI wird in seinem jährlichen Aufsichtsbericht im zweiten Quartal 2025 detailliert über die meldepflichtigen Vorkommnisse und Befunde in den Kernanlagen berichten.

Die Abgaben radioaktiver Stoffe aus den Kernanlagen an die Umwelt lagen auch im Jahr 2024 deutlich unter den Grenzwerten. Im Aufsichtsjahr wurden keine unerlaubten Abgaben radioaktiver Stoffe aus den schweizerischen Kernanlagen registriert.

ENSI entwickelt Sicherheits- und Aufsichtskultur weiter

Ende November 2024 setzten sich Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Institutionen mit der Schweizer Landeskultur auseinander und untersuchten deren Einfluss auf die Sicherheitskultur der Kernanlagen und die Aufsichtskultur des ENSI. Am entsprechenden Country-Specific Safety Culture Forum in Bern beteiligten sich neben dem ENSI auch die Betreiber der Schweizer Kernanlagen. Das Forum wurde vom ENSI, der Nuclear Energy Agency (NEA) der OECD und der World Association of Nuclear Operators (WANO) organisiert. Ziel des Forums war es, die Sicherheit und Sicherung der Kernanlagen in der Schweiz weiterzuentwickeln. Die Ergebnisse werden in einem Bericht festgehalten und öffentlich publiziert.

ENSI prüft Rahmenbewilligungsunterlagen der Nagra

Ebenfalls Ende November hat die Nagra beim Bundesamt für Energie die Rahmenbewilligungsgesuche für ein Tiefenlager sowie eine Verpackungsanlage eingereicht. Das Tiefenlager zur Entsorgung der radioaktiven Abfälle soll im Standortgebiet Nördlich Lägern und die Verpackungsanlage am Standort des Zentralen Zwischenlagers in Würenlingen realisiert werden. Das ENSI ist für die sicherheitstechnische Beurteilung der Gesuche zuständig und hat nun in einem ersten Schritt die Vollständigkeit der Rahmenbewilligungsunterlagen geprüft. Danach folgt die detaillierte inhaltliche Prüfung der Unterlagen. Diese wird voraussichtlich bis 2027 abgeschlossen sein. Die Inbetriebnahme ist für 2060 vorgesehen.

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