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ENSI thematisiert auch die Sicherheitskultur

Eine gute Sicherheitskultur ist erforderlich, damit technische Anlagen sicher sind. Darüber besteht heute über Fachbereichs- und Branchengrenzen hinweg weitgehend Einigkeit. Auch das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat ENSI berücksichtigt bei seiner Aufsicht die Sicherheitskultur. In einem neuen Bericht zur Aufsichtspraxis legt es unter anderem dar, was die Aufsicht über die Sicherheitskultur umfasst.

Damit eine Kernanlage sicher ist genügt es nicht, wenn nur ihre technische Auslegung gut ist. „Es braucht auch eine gute Sicherheitskultur bei den Menschen, die diese Anlage betreiben“, betont Ralph Schulz, Leiter des Fachbereichs Sicherheitsanalysen.

Was eine gute Sicherheitskultur ausmacht, hängt von der betreffenden Organisation sowie von den lokalen und nationalen kulturellen Gegebenheiten ab. Somit ist es nicht möglich, umfassende und abschliessende Vorgaben an die Sicherheitskultur einer Organisation zu machen: Es gibt nicht die eine und einzige „richtige“ Sicherheitskultur. Trotzdem können wesentliche Merkmale für eine gute Sicherheitskultur aus internationalen Normen sowie aus der Sicherheitsforschung abgeleitet werden:

  • Sicherheit ist ein zweifelsfrei anerkannter Wert
  • Die Führung steht unmissverständlich zur Sicherheit
  • Alle kennen ihre Verantwortung für die Sicherheit
  • Alle Aktivitäten sind grundsätzlich sicherheitsgerichtet
  • Sicherheit wird durch Lernen weiterentwickelt

 

Verantwortung für die Sicherheitskultur liegt beim Betreiber

Der Betreiber einer Kernanlage ist jederzeit für deren Sicherheit verantwortlich. Dies schreibt das Kernenergiegesetz klar vor. „Damit ist er auch für die Sicherheitskultur verantwortlich“, betont Ralph Schulz. Die Aufsichtsbehörde nimmt jedoch durch ihre Aufsichtspraxis Einfluss auf die Sicherheitskultur der Betreiber.

Neben der Aufsichtsbehörde gibt es noch weitere externe Faktoren, die die Sicherheitskultur in einer Kernanlage prägen. Dies sind zum Beispiel:

  • Hersteller und Lieferanten
  • Forschungsinstitutionen
  • politische Instanzen
  • Medien

„Die Stimmung im Land oder die Haltung gegenüber einem Werk beeinflusst – ebenso wie eine Reihe anderer äusserer Einflüsse – letztendlich auch die Sicherheitskultur eines Kernanlagenbetreibers“, sagt Ralph Schulz. „Ziel des ENSI ist es, durch die Aufsichtstätigkeit die Sicherheitskultur der Betreiber günstig zu beeinflussen.“

Ansatz des ENSI zur Aufsicht über die Sicherheitskultur

Nicht alle Inhalte von Sicherheitskultur können auf dieselbe Art und Weise beaufsichtigt werden, da sie in unterschiedlichem Ausmass beobachtet werden können oder den Mitgliedern der Organisation teilweise gar nicht bewusst sind. Wertvolle Hinweise geben etwa der Zustand der Einrichtungen in einer Kernanlage, der bei Inspektionen beobachtet werden kann, und die Qualität von Unterlagen, die beim ENSI eingereicht werden.

Diese Aspekte können direkt beobachtet und auf der Grundlage von Vorgaben im Regelwerk bewertet werden. Andere Aspekte können nicht klar bewertet werden, da es dazu keine eindeutigen Vorgaben gibt oder da es nicht möglich ist, diese eindeutig zu messen. Aspekte, die nicht bewertet werden können, sind Gegenstand bestimmter Aufsichts- und Fachgespräche.

Selbstreflexion über Werte und Weltbilder

Auch solche Werte und Weltbilder, die den Mitgliedern der Betriebsorganisation nicht bewusst und somit grundsätzlich nur schwer zugänglich sind, werden vom ENSI angesprochen. Diese können nicht gemessen und bewertet werden und werden deshalb nicht mit den herkömmlichen Aufsichtsmethoden (beispielsweise Inspektionen) behandelt. Diesbezüglich setzt das ENSI spezielle, periodische Fachgespräche zum Dialog über Sicherheitskultur ein, welche das Ziel verfolgen, die Reflexion des Betreibers über verborgene Aspekte ihrer Sicherheitskultur anzustossen.

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