Im Abschlussbericht wurde generell festgestellt, dass in den Schweizer Kernkraftwerken effektive Alterungsüberwachungsprogramme implementiert sind, mit denen die Verfügbarkeit der Sicherheitssysteme über die gesamte Betriebslaufzeit sichergestellt ist. Die regulatorischen Vorgaben in der Schweiz bezüglich der Alterungsüberwachung stehen im Einklang mit den internationalen Anforderungen.
Gute Bewertungen für die schweizerischen Kernkraftwerke
In den kürzlich veröffentlichten Stellungnahmen haben die ENSREG und ihre Mitgliederländer zu jedem Länderbericht aus dem Jahr 2017 „Good Practices“, „Good Performances“ und Punkte mit Verbesserungspotenzial identifiziert. Unter den im europäischen Vergleich als vorbildlich eingestuften Aspekten („Good Practices“) der Alterungsüberwachung in schweizerischen Kernkraftwerken befinden sich folgende Punkte:
- Anwendung einer Methode zur Inspektion, Überwachung und Bewertung unzugänglicher oder schwer zugänglicher Baustrukturen
- Einspeisung von Wasserstoff und Edelmetallen in Siedewasserreaktoren (KKW Leibstadt und Mühleberg) zur Vermeidung von Spannungsrisskorrosion im Primärkreislauf
- Unabhängige Bewertung der Alterungsüberwachungsprogramme im Rahmen von externen Peer-Review-Missionen
- Überwachung neuartiger Materialien anhand von Originalproben unter realistischen Umgebungsbedingungen
In sechs weiteren Gebieten wurde bestätigt, dass das schweizerische Vorgehen alle europäischen Standards erfüllt („Aera of Good Performance“):
- Internationaler Erfahrungsaustausch und Nutzung internationaler Datenbanken zur Verbesserung der Effektivität der Alterungsüberwachungsprogramme
- Anpassung der Alterungsprogramme während langer Stillstandphasen
- Inspektion von Leitungen in Gebäudedurchdringungen
- Durchführung volumetrischer Prüfungen an nickelbasislegierten Stutzen der Reaktordruckbehälter zur frühzeitigen Entdeckung von Rissen
- Durchführung zerstörungsfreier Prüfungen im Grundmaterial des Reaktordruckbehälters zur frühzeitigen Entdeckung von Rissen
- Einsatz integrierter Systeme zur Ermüdungsüberwachung der Reaktordruckbehälter
In vier Bereichen wurde Verbesserungsbedarf identifiziert („Area for Improvement“):
- Überprüfung des Umfangs der Alterungsüberwachungsprogramme anhand der neuen IAEA-Anforderungen und gegebenenfalls Erweiterung der Programme
- Aufnahme nicht zugänglicher Rohrleitungen in nicht sicherheitsklassierten Systemen in die Alterungsüberwachungsprogramme
- Gezielte Überprüfung nicht zugänglicher Rohrleitungen
- Die Gelegenheitskontrolle von verdeckten Rohrleitungen wird immer nur dann durchgeführt, wenn die Rohrleitungen aufgrund anderer Inspektionen zugänglich sind.
Im Abschlussbericht sind des Weiteren noch europaweit gültige Herausforderungen („Challenges“) im Hinblick auf eine weitere Harmonisierung des Alterungsmanagements festgehalten, die alle am TPR beteiligten Länder betreffen. Im Einzelnen sind dies:
- Entwicklung konkreterer Kriterien zur Überprüfung der Effektivität der Alterungsüberwachungsprogramme
- Einführung innovativer Prüfmethoden für nicht zugängliche Rohrleitung sicherheitsrelevanter Systeme zur Identifizierung lokaler Korrosion
- Anwendung qualifizierter und dem Stand der Technik entsprechender, zerstörungsfreier Prüfmethoden für Reaktordruckbehälter
- Entwicklung konkreter Kriterien zur Beurteilung des Zustandes von Bauwerken
Topical-Peer-Review-Prozess über drei Phasen
Ende 2016 hat das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat ENSI entschieden, freiwillig an dem von der Europäischen Union initiierten ersten Topical-Peer-Review TPR „Alterungsmanagement in Kernkraftwerken“ teilzunehmen.
Dieser besteht aus drei Phasen. In der ersten Phase hatte jedes beteiligte Land einen Länderbericht zu erstellen, in dem die in den Kernkraftwerken implementierten Alterungsüberwachungsprogramme zu beschreiben und zu bewerten waren.
In der zweiten Phase wurden diese Länderberichte durch alle beteiligten Länder einer Prüfung unterzogen und die Prüfergebnisse unter Hinzuziehung internationaler Experten im Rahmen eines einwöchigen Workshops diskutiert. Aus den Erkenntnissen des Workshops wurden sogenannte „good practices“ und „expected level of performance“ abgeleitet und im Abschlussbericht zusammengefasst. Anschliessend wurde der Abschlussbericht mit einer länderspezifischen Bewertung aller am TPR beteiligten Länder durch die ENSREG veröffentlicht. Eine „Good Practice“ wurde vergeben, wenn Überwachungsmassnahmen umgesetzt wurden, die über die international anerkannten Anforderungen hinausgehen. Sofern der „Expected Level of Performance“ erreicht wurde, wurde eine sogenannte „Good Performance“, andernfalls eine sogenannte „Area for Improvement“ identifiziert.
In der dritten noch ausstehenden Phase wird die ENSREG einen Umsetzungsplan für die im Workshop identifizierten Verbesserungspotenziale erstellen, der dann Grundlage für die länderspezifischen Aktionspläne sein soll.
Weiteres Vorgehen
Nach der Erstellung des Umsetzungsplanes wird jedes am TPR beteiligte Land einen Aktionsplan entwickeln. Im Jahr 2023 wird die ENSREG über den Stand der Umsetzung der in den Aktionsplänen festgelegten Massnahmen zur Verbesserung des Alterungsmanagements in den europäischen Kernkraftwerken berichten.