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Frage 15: Tektonik im Zeitraum von 100 000 bis 1 000 000 Jahren

Können in den vorgeschlagenen Standortgebieten tektonische Verwerfungen für einen Zeitraum von 100 000 oder gar einer von 1 000 000 Jahren wirklich sicher ausgeschlossen werden?

Thema , Bereich
Eingegangen am 18. Juni 2009 Fragende Instanz LK Waldshut
Status beantwortet
Beantwortet am 18. Dezember 2009 Beantwortet von ,

Beantwortet von KNS

Für geologische Tiefenlager werden gezielt tektonisch nicht oder wenig beanspruchte Gebiete gesucht. Die von der Nagra vorgeschlagenen Standortgebiete erfüllen mit Ausnahme des Wellenbergs diese Bedingung.

Bei der Erarbeitung von geologischen Prognosen wird wie folgt vorgegangen: Zunächst werden alle erfassbaren Beobachtungen aus einer bis weit über 100 Millionen Jahre zurückreichenden Vergangenheit zusammengetragen. Daraus ergibt sich eine geologische Geschichte; diese wird dann in die Zukunft extrapoliert. Eine absolute Garantie, dass keine tektonischen Störungen über einen Zukunftszeitraum von 1 Million Jahren erfolgen, kann damit aber nicht gegeben werden. Man kann aber Bedingungen angeben, unter denen die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten tektonischer Störungen gering ist. Künftige Spannungsumlagerungen im Untergrund werden sich in erster Linie entlang jener tektonischen Störungen manifestieren, die bereits in der Vergangenheit aktiv waren. Deshalb ist es für Prognosen von sehr grosser Bedeutung, dass man diese Störungen kennt. Man muss ausschliessen können, dass in einem Standortgebiet grössere Störungen vorhanden sind, die eine Gesteinsscholle mit einem möglichen Tiefenlager durchschlagen. Dieser Nachweis kann anhand der geologischen Geschichte eines konkreten Gebietes geführt werden. Dazu sind gezielte Felduntersuchungen erforderlich. Ist dieser Nachweis erbracht, besteht kein Grund zur Annahme, dass eine bisher verschonte Gesteinsscholle von künftigen tektonischen Störungen betroffen wird.

Beantwortet von ENSI

Bei der Wahl der Standortgebiete ist gemäss Konzeptteil zum Sachplan Geologisches Tiefenlager das sicherheitstechnische Kriterium der Langzeitbeständigkeit (Kriterium 2.1) zu berücksichtigen. Beurteilt wird damit die geologische Langzeitstabilität des Standortes und der Gesteinseigenschaften, insbesondere die Möglichkeit einer Beeinträchtigung und Veränderung des Isolationsvermögens des Wirtgesteins beziehungsweise des einschlusswirksamen Gebirgsbereiches durch geologische Prozesse wie Störung des Gesteinsverbandes durch differenzielle Bewegungen (Zerscherung, Reaktivierung von Brüchen und Störungszonen, Bildung neuer Wasser- und Gaswegsamkeiten) verursacht durch neotektonische Aktivität (unter anderem Seismizität), geochemische Vorgänge (Lösungsprozesse, Karstbildung, Wasser-Gesteins-Wechselwirkungen) oder seltene geologische Ereignisse wie die Bruchbildung im Zusammenhang mit starken Erdbeben oder Vulkanismus.

Die Sicherheit eines geologischen Tiefenlagers beruht auf dem Konzept der gestaffelten passiven Sicherheitsbarrieren. Jede Barriere leistet dabei einen Beitrag zur Langzeitsicherheit. Das Konzept ist so angelegt, dass mehrfache Redundanzen bestehen müssen. Wird eine einzelne Barriere durch einen Vorgang in der Zukunft geschwächt, muss die Sicherheit des Tiefenlagers immer noch gewährleistet sein. Für die in der Frage angesprochenen sehr langen Betrachtungszeiträumen müssen die möglichen Risiken, die von tektonischen Bewegungen ausgehen können, anhand einer systematischen Szenarien- und Sicherheitsanalyse qualitativ und quantitativ aufgezeigt und die Ergebnisse an den in der Richtlinie ENSI-G03 festgelegten Schutzkriterien gemessen werden.

Die Suche geologischer Standortgebiete ist mit oben genanntem Kriterium 2.1 so ausgelegt, dass tektonischen Störungen prinzipiell ausgewichen wird und dass die für die Barrierenwirksamkeit notwendige Stabilität des gewählten Gebietes anhand der erdgeschichtlichen Entwicklung aufgezeigt und nachgewiesen werden muss.