Welche Vorteile der tonigen Flysche in den Alpen im Vergleich zu den durch die Nagra ausgewählten Wirtgesteinen für SMA-Lager stehen welchen entsprechenden Nachteilen gegenüber?
Beantwortet von EGT (ehem. KNE)
Grundlagen
Die alpinen Flysche wurden in der Tiefsee vor aktiven Kontinentalrändern in Bereich von Subduktionszonen abgelagert. Die Sedimente wurden in Form von Massenverlagerungen und Suspensionsströmen transportiert. Die Zufuhrwege sind gemeinhin als Canyons in den Kontinentalrand eingeschnitten, die dann in Tiefsee-‚channels‘ übergehen. Diese enden in Schüttungskegeln mit verzweigten Kanälen. Die kanalisierten ‚channels‘ sind zu einem sehr hohen Grad mit Sand gefüllt. Die Schüttungskegel enthalten Sand und Ton, in distaler Richtung zunehmend Ton. Da aber die Schüttungskegel auf dem Tiefseefächer – dem Prinzip des Reliefausgleichs folgend – pendeln, sind die Sand-freien Intervalle eher gering mächtig. Für die kanalisierten Abschnitte besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Sandsteinkörper miteinander verbunden sind.
Flysch – Einheiten im alpinen Bereich sind ausnahmslos tektonisch beansprucht worden. Sandstein-Schichten sind aufgrund ihres spröden Verhaltens anfällig für die Bildung von Klüften. Aufgrund des geringen Gehalts an Tonfraktion und Tonmineralen weisen sie zudem ein geringes Selbstabdichtungsvermögen auf, auch wenn die kompetenten Bänke in Tongesteine eingebettet sind. Zudem sind Flysche aufgrund der Einschuppung in einen Akkretionskeil diagenetisch hoch beansprucht, wodurch das Selbstabdichtungsvermögen zusätzlich verringert ist.
Der Frutigen-Flysch repräsentiert eine Untereinheit des Niesen-Flysches. Der Frutigen-Flysch ist weitgehend sandig-konglomeratisch entwickelt, nur im Profil Rauflihorn-Gsür-Hahnenmoos sind basal mächtigere (~150-200 m) Pelite vorhanden. Allerdings ist aufgrund der topographischen Verhältnisse wenig über die räumliche Ausdehnung dieser Pelite bekannt. Der Grad der Tektonisierung ist nicht unerheblich und spröde Deformationsstrukturen sind recht häufig, zum Teil durch Wasseraustritte gekennzeichnet. Schlechte Explorierbarkeit und Auftreten spröder Deformationsstrukturen rechtfertigen, den Frutigen-Flysch als Wirtgestein für in Lager mit radioaktiven Abfällen als nicht geeignet zu bezeichnen.
Vorteile
Flysche sind durch grosse Mächtigkeiten charakterisiert und treten im Alpenraum flächenhaft weit verbreitet auf.
Nachteile
Die Flysche im alpinen Raum sind häufig metamorph und haben deshalb ein geringes Selbstabdichtungsvermögen; zudem sind sie tektonisch verschuppt und durchzogen mit vermutlich wasserdurchlässigen Fliesspfaden in sandigen Kanälen. Die nicht-metamorphen Flyschvorkommen, so z.B. der Schlieren-Flysch und Gurnigel-Flysch, sind mächtig, flächenhaft verbreitet, aber sehr sandig. Die Mächtigkeiten der tonigen Abfolgen sind gering, das heisst die Formations- und Schichtnamen suggerieren z.T. fälschlicherweise tonreiche Abfolgen. Durchgängige Tonlagen im Zehner-Meter Bereich sind selten, im Hundert-Meter Bereich gar nicht zu erwarten. Eine erhöhte (positive) Gasdurchlässigkeit der sandigen Flysche zieht in der Regel auch eine erhöhte (negative) Wasserdurchlässigkeit nach sich.