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Frage 83: Kosten von Erschliessungsvarianten

Für die Erschliessung des Tiefenlagers geht man heute offenbar von zwei grundsätzlichen Varianten aus: Entweder a) drei Vertikalschächte oder b) zwei Vertikalschächte und eine Rampe. Man muss davon ausgehen, dass ein einziger Zugang aus Gründen der Betriebssicherheit nicht genügt (Dabei kann man sich bei der Erschliessung über einen Schacht auch eine Variante wie bei der Tunnelbaustelle in Sedrun vorstellen: Ein horizontaler Tunnel in den Berg hinein und dort an geeigneter Stelle ein Vertikalschacht ins Wirtgestein). Die verschiedenen Varianten dürften Einfluss auf Logistik sowie Grösse und Gewicht der Endlagerbehälter haben und damit sehr unterschiedliche Kosten verursachen (nicht nur Baukosten, sondern auch Kosten für die ganze Lagerkonzeption, Konfektionierung der Abfälle gemäss Erschliessungsspezifikationen und Betrieb). In Deutschland wird offenbar bereits diskutiert, ob ganze Castorbehälter tiefengelagert werden könnten. Es stellt sich die Frage, ob Kostenunterschiede, unter Annahme sie seien erheblich, die Wahl einer Erschliessungsvariante massgeblich beeinflussen und möglicherweise sogar das Primat von Betriebs- und Langzeitsicherheit tangieren, resp. die Standortwahl für die OFA prägen könnten. Bei diesem Anliegen der RK Südranden geht es schlussendlich um das Vertrauen, dass die Regulierungsbehörde das Primat der Sicherheit über die Kosten auch tatsächlich durchsetzt.

Die RK Südranden möchte eine Stellungnahme über Kostenunterschiede der ganzen Lagerkonzeption als Folge unterschiedlicher Erschliessungsvarianten eines Tiefenlagers (z.B. Rampe und zwei Schächte vs. drei Schächte). Dabei sind folgende Aspekte zu berücksichtigen:

  1. Direkte Bau- und Betriebskosten
  2. Indirekt induzierte Kosten, für Entsorgungskette und Lagerkonzeption (z.B. Unterschiede bei Konfektionierung/Verpackung, muss man bestehende Abfälle nochmal umpacken, Transport, etc.), die mit der Erschliessungsvariante zusammenhängen.
  3. Sind die Kostenunterschiede gegebenenfalls sicherheitstechnisch relevant? Wie hoch sind die einzustellenden Kosten für die Risikoprävention (z.B. Notverschluss bei Wassereinbruch etc.)
  4. Ist diesen Kosten, insbesondere (b) und (c) in der Kostenstudie 2011 (KS11) angemessen Rechnung getragen worden?
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Eingegangen am 13. September 2012 Fragende Instanz Fragen aus der Bevölkerung | O. Schwank, FG Si SR
Status beantwortet
Beantwortet am 2. April 2014 Beantwortet von ,

Beantwortet von ENSI

Die Wahl der Erschliessungsvarianten (Schacht/Rampe) eines geologischen Tiefenlagers erfolgt primär anhand sicherheitstechnischer Kriterien, wie es in der Richtlinie ENSI-G03 festgehalten ist, und nicht auf der Basis von Kostenvergleichen. Die Kosten für Bau, Betrieb und Verschluss von Schacht und Rampe sind unterschiedlich, da die Rampe ein viel grösseres Bauvolumen umfasst.

Die Lagerauslegung und bautechnische Machbarkeit eines geologischen Tiefenlagers und damit auch seiner Erschliessungsbauwerke wurden vom ENSI unter Beizug von externen Experten (Emch+Berger AG Bern, Basler & Hofmann AG Zürich) im Rahmen früherer Projekte (Entsorgungsnachweis im Zürcher Weinland, Tiefenlagerprojekt Wellenberg) und in Etappe 1 des Sachplanverfahrens überprüft. Grundsätzlich kann festgehalten werden, dass ein geologisches Tiefenlager von der Oberfläche her mit verschiedenen Varianten (Schächte, Rampen) erschlossen werden kann. Die Wahl der Erschliessungsvarianten hat primär anhand sicherheitstechnischer Kriterien zu erfolgen, wie es in der Richtlinie ENSI-G03 festgehalten ist: Kosten sind nachranging zu berücksichtigen.

Gemäss Verordnung über den Stilllegungs- und den Entsorgungsfonds für Kernanlagen (SEFV) wird die voraussichtliche Höhe der Stilllegungs- und Entsorgungskosten alle fünf Jahre gestützt auf die Angaben der Betreiber für jede Kernanlage berechnet. Die Berechnungen zu den Entsorgungskosten werden von den Entsorgungspflichtigen periodisch jeweils in einer Kostenstudie dokumentiert, welche dann vom ENSI überprüft wird. Die letzte Kostenstudie wurde 2011 vorgelegt (KS11) und unabhängig vom ENSI 2012 zusammen mit externen Experten (Basler & Hofmann) überprüft. Diese Kostenschätzungen richten sich nach dem im Entsorgungsprogramm 2008 für SMA- und HAA-Tiefenlager festgehaltenen Realisierungsplan (umfasst die Vorbereitung (Felslabor), den Bau des Lagers, den Einlagerungsbetrieb, den Teilverschluss, die Beobachtungsphase und den ordnungsgemässen Verschluss), welcher sich über einen grossen Zeitraum (bei HAA-Lager ca. 100 Jahre) erstreckt. Die Prüfergebnisse von Basler & Hofmann zeigen, dass die in KS11 dokumentierten Gesamtkosten für Bau / Ausrüstung / Unterhalt / Verschluss der beiden SMA- und HAA-Tiefenlager nachvollziehbar, vollständig und plausibel sind. Die Kosten sind tendenziell vorsichtig geschätzt und beinhalten notwendige Mittel für die in dieser Projektphase (Vorstudie) noch nicht erfassbaren Positionen. Gestützt auf Erfahrungswerte für vergleichbare Untertagebauwerke und unter Berücksichtigung des Standes der Technik decken sich die Kostenschätzungen von Basler & Hofmann mit denjenigen der KS11 weitgehend (Abweichung von – 0.9 % für das SMA-Projekt und + 2% für das HAA-Projekt).

Zur Beantwortung der a-c können die Prüfergebnisse des ENSI und seines Experten Basler & Hofmann bezüglich des HAA-Referenzprojektes der KS11 herangezogen werden:

a)

Die Gesamtkosten für Rampe und Schacht (Bau, Ausrüstung, Unterhalt bis zum Verschluss) unterscheiden sich deutlich voneinander. Die höheren Gesamtkosten der Rampe sind bedingt durch das deutlich grössere Bauvolumen (Länge der Rampe von 5 330m gegenüber Länge des Schachtes von 615m) und damit verbunden auch höheren Ausrüstungs-, Unterhalts-, Instandhaltungs- und Verschlusskosten.

b) und c)

Bezüglich der beiden Erschliessungsvarianten gibt es keine Unterschiede hinsichtlich der Verpackungsanlage und den Endlagerbehältern. In Etappe 2 des Sachplanverfahrens sind für die Erschliessungsbauwerke bautechnische Risikoanalysen durchzuführen und bei der Wahl der Standortvorschläge zu bewerten und zu berücksichtigen (sicherheitstechnisches Kriterium bautechnische Machbarkeit). Ergänzend dazu sind qualitative Sicherheitsbetrachtungen und Gefährdungsanalysen für den Betrieb der Zugangsbauwerke vorzulegen.

d)

Gemäss ENSI-G03 ist bei jedem Schritt der Realisierung eines geologischen Tiefenlagers (Rahmenbewilligung, Baubewilligung, Betriebsbewilligung, Verschluss) die für die Sicherheit günstigste Variante aufzuzeigen und zu wählen. Dieses Optimierungsgebot gilt auch für die Erschliessungsbauwerke. Der Gesetzgeber verlangt keinen Variantenvergleich auf der Basis der Kosten, sondern einzig auf der Basis grösstmöglicher Sicherheit. In der Kostenstudie KS11 wurde mit der Variante „2 Schächte und 1 Rampe“ eine für die Kostenschätzung teurere Variante gewählt. Dem Anliegen des Fragestellers ist damit Rechnung getragen worden.

Beantwortet von Nagra

Bei Verwendung einer Rampe als Zugang von der Oberflächenanlage zu den Anlagen Untertag gibt dies gegenüber der Variante eines Zugangs mit Schacht Mehrkosten beim Bau und beim Unterhalt (grösseres Ausbruchvolumen, andere Förderanlagen), die aber im Vergleich zu den Gesamtkosten der Lager begrenzt sind. Es gibt jedoch keine Unterschiede in den Kosten für die Verpackung oder den Antransport der Behälter; für Schacht und für Rampe werden die gleichen Endlagerbehälter verwendet.

Um zu den untertägigen Anlagen (Lagerkammern, Pilotlager, Felslabor, etc.) zu kommen, sind aus betrieblichen Gründen (inkl. Überlegungen zur Betriebssicherheit) mehrere Zugänge erforderlich. Gemäss Konzept der Nagra kann der Zugang nach Untertag durch 2 Schächte und eine Rampe oder aber durch 3 Schächte erfolgen. Es gibt je nach geologischen Bedingungen z.B. auch die Möglichkeit, die Rampe durch einen horizontalen Tunnel und dann über einen Blindschacht (Schacht kommt nicht bis ganz an die Erdoberfläche) zu ersetzen (wie für Alptransit Gotthard mit Schacht Sedrun). Die direkten Bau- und Betriebskosten unterscheiden sich für die verschiedenen Varianten, da sich das Ausbruchsvolumen der Bauwerke unterscheidet und auch der Bauvorgang und die Förderanlagen für Teile der Anlage unterschiedlich sind. Die Kosten für den Bau und den Betrieb für eine Rampe fallen etwas höher aus als für einen dritten Schacht.

Die vom Fragesteller angesprochenen erhöhten indirekten Kosten wegen anderer Verpackungs­konzepte sind nicht korrekt; die Nagra sieht für alle Varianten des Zugangs nach Untertag die gleichen Endlagerbehälter vor und für alle Varianten sind die Kosten für die Verpackung der Abfälle deshalb gleich. Die Verwendung der Transport- bzw. der Transportlagerbehälter in der Art eines CASTOR-Behälters kommt aus Gründen der Langzeitsicherheit nicht in Frage: Die Beladung des Behälters ist zu gross, sodass die Wärmeleistung zu hoch ist; dies führt zu Temperaturen im Verfüllmaterial und in der direkt umgebenden Geologie, die zu hoch sind. Weiter besteht der CASTOR-Behälter aus Material, das für die geologischen Tiefenlager nicht optimal ist (Korrosionsverhalten unter den Bedingungen, wie sie im geologischen Tiefenlager angetroffen werden). Schliesslich ist auch der Verschluss des Behälters für die Langzeitsicherheit nicht optimal und die Bedingungen für die Einlagerung/Verfüllung ungünstig (Behälter-Durchmesser, Aussenfläche).

a)

Es gibt deutliche Unterschiede in den Kosten zwischen der Variante „2 Schächte und 1 Rampe“ und „3 Schächte“; bezogen auf die Gesamtkosten der geologischen Tiefenlager sind die Unterschiede aber doch beschränkt. Für die Planung und für die Kostenschätzungen (z.B. für die Festlegung der Rückstellungen) geht die Nagra von der teureren Variante aus.

b)

Da für beide Varianten die gleichen Endlagerbehälter verwendet werden und die gleiche Verpackungsanlage zur Anwendung kommt und auch die sonstige Ausgestaltung Lagers gleich ist (mit Ausnahme der Rampe bzw. des entsprechenden Schachtes) und sich auch bezüglich Transporten keine Änderungen ergeben, gibt es keine indirekt induzierten Kosten (-unterschiede).

c)

Wie in der Antwort zu Frage a) festgehalten, gibt es Unterschiede in den Kosten, die aber bezogen auf die Gesamtkosten beschränkt sind. Die Art der bei der Anlagenauslegung und beim Betrieb zu berücksichtigenden Gefährdungen ist für beide Varianten etwa vergleichbar, sodass auch die Kosten zur Berücksichtigung der Gefährdungen etwa vergleichbar sind. Der (noch ausstehende) Entscheid zwischen den 2 Varianten wird nicht durch Kostenüberlegungen dominiert.

d)

In der Kostenstudie KS11 wurde die (teurere) Variante „2 Schächte und 1 Rampe“ unterstellt. Wie in den Antworten zu Frage b) und c) aufgeführt, sind die sogenannt indirekt induzierten Kosten nicht relevant und auch die Unterschiede in den Kosten zur Berücksichtigung der Gefährdungen sind im Vergleich zu den Gesamtkosten nicht bedeutend.