Die Nagra arbeitet momentan das Rahmenbewilligungsgesuch (RBG) für ein Kombilager in Nördlich Lägern aus. Mit der Rahmenbewilligung werden gemäss Art. 14 KEG u. a. die Grundzüge des Projektes festgelegt. Dazu gehören auch die ungefähre Grösse und Lage der wichtigsten Bauten an der Oberfläche und ein vorläufiger Schutzbereich für die Elemente des Tiefenlagers im Untergrund. Der vorläufige Schutzbereich soll das geologische Tiefenlager inkl. der Zugänge gegen Eingriffe schützen, welche die Sicherheit des Lagers beeinträchtigen könnten. Die Nagra wird einen grosszügigen vorläufigen Schutzbereich vorschlagen, so dass für spätere Verfahrensschritte Flexibilität bestehen bleibt und zukünftige Entwicklungen berücksichtigt werden können. Die Anzahl und die exakte Lage der Zugänge und der Lagerfelder wird mit der Baubewilligung festgelegt. Im Hinblick auf diese Festlegung werden verschiedene Varianten verglichen.
Für den Standortvergleich spielen Zugangsvarianten keine Rolle, da die Zugangsbauwerke in allen Standortgebieten als Schacht oder Rampe sicher erstellt werden können (Nagra 2022a). Bezüglich der Langzeitsicherheit zeigt sich, dass die Zugänge für ein Kombilager und der gemeinsam genutzte Zentrale Bereich einen Vorteil bzgl. Gasspeichervolumen darstellen, da mehr Volumen zur Gasspeicherung zur Verfügung steht, als wenn der SMA-Lagerteil einzeln erstellt würde. Ausserdem wird der einschlusswirksame Gebirgsbereich mit gemeinsamen Zugängen weniger gestört im Vergleich zu getrennten Zugängen, da weniger Zugangsbauwerke benötigt werden. Darüber hinaus sind Bauwerke ausserhalb der Versiegelungen in den Lagerfeldzugängen (d. h. ausserhalb der V2-Siegel in den Bau-, Betriebs- und Lüftungstunneln) aus Sicht der Langzeitsicherheit von geringer Bedeutung, denn sie beeinflussen nur Transportpfade entlang der Zugangsbauwerke.
Für das RBG werden generische Betriebskonzepte und Sicherheitsbetrachtungen zur Betriebssicherheit behandelt. Diese Betrachtungen zeigen, dass das Kombilager mit gemeinsamen Zugängen jederzeit sicher betrieben (z. B. belüftet) werden kann. In den in der Frage angesprochenen Modulen «Zugang nach Untertag» und «Zentraler Bereich» aus Nagra (2022b) können Einlagerungstätigkeiten von parallel stattfindenden Bautätigkeiten räumlich getrennt werden, so dass eine gegenseitige Beeinflussung ausgeschlossen werden kann (Nagra 2020, Nagra 2022c). In den oben genannten beiden Modulen können sowohl ausreichend Flucht-, Rettungs- und Interventionswege zur Verfügung gestellt werden als auch eine Trennung von konventionellem und nuklearem Bereich gewährleistet werden. Störfälle in den genannten, gemeinsam genutzten Bereichen haben bei einer ausreichenden räumlichen Trennung von den Lagerbereichen keine Auswirkungen auf die Sicherheit. Deshalb würden sich aus einer Trennung der Einlagerungsbauwerke (separate Einlagerungszugänge, je einen für SMA-Lagerteil und HAA-Lagerteil) keine Vorteile bzgl. Störfällen/Sicherheit ergeben.
Obwohl gewisse Teilphasen beim Bau und Betrieb eines Kombilagers in der Planung aufwendiger sind, entsprechen die einzelnen Tätigkeiten im Wesentlichen den Vorgängen bei Einzellagern. Nagra (2020) zeigt hingegen, dass der Bau und der Betrieb eines Kombilagers ökonomische und ökologische Vorteile hat und es auch bzgl. Betriebssicherheit Vorteile gibt, da beim Personal von einer besseren Kontinuität und einem grösseren Know-How Aufbau auszugehen ist.
Als Schlussfolgerung hält die Nagra fest, dass eine Trennung der Zugangsbauwerke zu den Lagerbereichen SMA und HAA als sicherheitstechnisch nicht relevant eingestuft wird, da der sichere Bau und Betrieb wie auch eine sichere Nachverschlussphase der SMA- und HAA-Lagerteile sowohl mit gemeinsamen als auch mit getrennten Zugängen und Zentralem Bereich gewährleistet werden kann.
Referenzen
ENSI (2018): Präzisierungen der sicherheitstechnischen Vorgaben für Etappe 3 des Sachplans geologische Tiefenlager. Sachplan geologische Tiefenlager, Etappe 3. ENSI 33/649, November 2018.
ENSI-G03: Geologische Tiefenlager, Eidgenössisches Nuklearsicherheitsinspektorat, Brugg, Dezember 2020.
Erläuterungsbericht zur Richtlinie ENSI-G03: Geologische Tiefenlager, Eidgenössisches Nuklearsicherheitsinspektorat, Brugg, Dezember 2020.
KEG: Kernenergiegesetz vom 21. März 2003 (Stand am 1. Januar 2022), Schweiz, SR 732.1.
KEV: Kernenergieverordnung vom 10. Dezember 2004 (Stand am 1. Februar 2019), Schweiz, SR 732.11.
Nagra (2020): Standortunabhängiger Vergleich eines Kombilagers mit zwei Einzellagern hinsichtlich Bau- und Betriebsabläufe sowie Umwelt. Nagra Arbeitsbericht NAB 19-15, September 2020.
Nagra (2022a): Beherrschung möglicher karstbedingter Wasserzutritte während des Baus und Betriebs eines geologischen Tiefenlagers. Nagra Arbeitsbericht NAB 22-41, Dezember 2022.
Nagra (2022b): Module der Lagerarchitektur. Nagra Arbeitsbericht NAB 22-35, September 2022.
Nagra (2022c): Betriebskonzept für die geologische Tiefenlagerung. Nagra Arbeitsbericht NAB 21-06, November 2022.
Sachplan Geologische Tiefenlager – Konzeptteil. 2. April 2008 (Revision vom 30. November 2011).