Im Konzeptteil des Sachplans geologische Tiefenlager (SGT) ist die Abfolge für Etappe 3 von vertieften Untersuchungen der geologischen Standortgebiete über die Standortwahl zur Vorbereitung der Rahmenbewilligungsgesuche bis hin zu deren behördlichen Überprüfung beschrieben (Konzeptteil SGT, Kapitel 6.1). Da die Bekanntgabe der Standorte für die Vorbereitung der Rahmenbewilligungsgesuche ein grosses Informationsbedürfnis bei Fachstellen und der interessierten Öffentlichkeit auslösen wird, muss diesem in geeigneter Form Rechnung getragen werden.
Nach dem Konzeptteil des SGT ist es vorgesehen, dass die Entsorgungspflichtigen in Etappe 3 für jedes geplante Tiefenlager einen Standort vorschlagen, an welchem das Lager aus Sicht des Gesuchstellers realisiert werden soll. Damit ein Standort gewählt werden kann, müssen die geologischen Kenntnisse über die am Ende von Etappe 2 zur Auswahl stehenden geologischen Standortgebiete auf einen Stand gebracht werden, der einen Vergleich aus sicherheitstechnischer Sicht ermöglicht (Konzeptteil SGT, S. 50). Für die gewählten Standorte haben die Entsorgungspflichtigen die für die Einreichung der Rahmenbewilligungsgesuche erforderlichen Daten, Unterlagen und Berichte zu erarbeiten (Konzeptteil SGT, S. 65). In der graphischen Darstellung zum Ablauf der Etappe 3 im Konzeptteil SGT (S. 52) ist die Standortwahl mit dem Punkt «Auswahl Standort für die Vorbereitung Rahmenbewilligungsgesuch»1 festgehalten. Die Entsorgungspflichtigen (vertreten durch die Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle, Nagra) verantworten die Wahl der Standorte zunächst selbst. Sie können diese Wahl nur bei Vorliegen aller auswahlrelevanten Kenntnisse treffen. Bis zum Zeitpunkt der Einreichung der Gesuchsunterlagen für eine Rahmenbewilligung ist die Wahl der Standorte nicht mehr als eine Absichtserklärung der Nagra. Die Auswahl der Standorte markiert jedoch den Übergang der Untersuchungen vom Standortvergleich – dessen Ergebnis das Ziel des Sachplans geologische Tiefenlager ist –, hin zur standortspezifischen Vertiefung der Kenntnisse mit dem Ziel, darauf aufbauend Rahmenbewilligungsgesuche für die geologischen Tiefenlager nach Kernenergiegesetz auszuarbeiten und den dafür geforderten Nachweis der Sicherheit zu erbringen. Mit dem SGT und den Rahmenbewilligungen (Grundzüge des Projekts) werden die räumlichen Grundlagen bestimmt und die raumplanerische Abstimmung des Vorhabens festgelegt. Für die betroffenen Regionen bedeutet dies zudem die Konkretisierung der Ausgestaltung der Oberflächenanlage und der Oberflächeninfrastrukturen insgesamt in Zusammenarbeit mit der Nagra (Konkretisierung OFI Phase II).
Für das Verfahren sind die Einreichung der Rahmenbewilligungsgesuche, deren Prüfung und schliesslich der Entscheid des Bundesrates zentral. Politisch-gesellschaftlich ist jedoch bereits die Bekanntgabe der Standortwahl seitens der Nagra von grosser Bedeutung. Diese Bekanntgabe ist aktuell für 2022 vorgesehen. Die im Prozessablauf frühzeitige Bekanntgabe ihrer Standortwahl ermöglicht es der Nagra, die standortspezifischen vertiefenden Untersuchungen offen und transparent in den betroffenen Regionen durchzuführen. Die Nagra hat angekündigt, mit der Bekanntgabe ihrer Standortwahl einen Bericht zu deren Erläuterung zu veröffentlichen. Nebst diesem Bericht werden auswahlrelevante Unterlagen der Nagra allerdings schon vor dieser Bekanntgabe verfügbar sein – beispielsweise die Dokumentation zur Auswertung der 3D-Seismik. Das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat ENSI wird für Etappe 3 vorgeben, dass die Nagra bis Ende 2019 in einem Konzept darzulegen hat, welche Referenzberichte wann fertiggestellt und zur Publikation bereit sein werden. Betroffene eidgenössische, kantonale und kommunale Stellen wie auch weitere interessierte Kreise können sich somit fortlaufend mit diesen Grundlagen, welche in die Standortwahl einfliessen werden, auseinandersetzen. Zudem sind die kantonalen Fachstellen auch über das bereits etablierte Fachgremium erdwissenschaftliche Untersuchungen in den Prozess eingebunden, was eine fachliche und verfahrenstechnische Begleitung der Nagra durch Bund und Kantone gewährleistet. Das Technische Forum Sicherheit und die Fachgruppen Sicherheit der Regionalkonferenzen werden von der Nagra ebenfalls über die laufenden Ergebnisse ihrer Untersuchungen informiert.
Die Überprüfung der Standortwahl ist ein elementarer Bestandteil bei der Prüfung der Rahmenbewilligungsgesuche. Das ENSI äussert sich entsprechend zur Festlegung der Lagerstandorte erst im Rahmen dieser Prüfung. Weiter werden dann auch die Gutachten und Stellungnahmen durch die weiteren Fachstellen des Bundes, den Ausschuss der Kantone, die Standortregionen usw. erfolgen. Anschliessend findet eine öffentliche Auflage der Rahmenbewilligungsgesuche und aller relevanten damit verbundenen Unterlagen statt (vgl. Konzeptteil SGT S. 51 und 52). Der Sachplan gibt somit einen behördenverbindlichen und in sich schlüssigen Rahmen vor. Es ist weiter zu beachten, dass ein seröser Erarbeitungs-, Überprüfungs- und Vernehmlassungsprozess für die umfangreiche Dokumentation für alle Beteiligten einen erheblichen Arbeitsaufwand bedeutet und somit auch seine Zeit in Anspruch nimmt
[1] Diese Bezeichnung für den Prozessschritt ist präziser als «provisorische Standortwahl». Das Adjektiv «provisorisch» bezieht sich auf den vorläufig behördlich nicht geprüften Zustand der Bekanntgabe; Der Begriff kann jedoch auch als «veränderlich», «behelfsweise» oder als «weiter auszuhandeln» missverstanden werden.