Gemäss einer sda-Meldung von Mitte April 2015 hat der Betreiber des AKW Beznau, die Axpo, das Messsystem für die radioaktive Abluft erst unter Androhung einer Strafanzeige gemäss den Anforderungen des ENSI nachgebessert. Die Prüfung dieser Verbesserung hat das ENSI bereits im Rahmen der Stellungnahme zur periodischen Sicherheitsüberprüfung Ende 2004 angeregt, jedoch erst 2006 angeordnet; verfügt wurde sie aber erst im Juli 2011. In Betrieb genommen wurde die Anpassung offenbar Anfang 2014 „Aufgrund verschiedener Umstände verzögerte sich – gemäss ENSI – die Umsetzung durch den Betreiber“ so die sda-Meldung.
Frage a: Welcher/e Gesetzesartikel erlaubt/en es dem ENSI, bei Anliegen des Bevölkerungsschutzes, den zeitlichen Ermessensspielraum so extensiv anzusetzen, wie in diesem Fall? Einerseits von der Anordnung 2006 bis zur Verfügung 2011? Anderseits von der Verfügung 2011 bis zur Strafandrohung?
Frage b: Welche technischen Umstände waren die Ursache für die verzögerte Umsetzung der Auflage?
Beantwortet von Kernkraftwerk Beznau
Ertüchtigung Kamininstrumentierung – Vorgehen
Ziel = Erfüllung der Anforderungen der ENSI-G13
- Gesamtübertragungsrate > 50% für Aerosolpartikel
Vorgehen = schrittweises Vorgehen
- Ertüchtigung bestehendes System
- Installation neuer Aerosolmonitor, falls Ertüchtigung bestehendes System nicht zum Ziel führt
Ertüchtigung Kamininstrumentierung – Umsetzung
- Teil Probeentnahmeleitung aus Kupfer durch Edelstahlrohr ersetzt
- Bestimmung Gesamtübertragungsrate (Ergebnis < 50%)
- Erweiterung Treppenhaus Kamin
- Verlegen Aerosol- und Iod-Kanal Kaminmonitore an Fuss Treppenhaus Abluftkamin
- Ersatz Probeentnahmeleitung durch innen elektropoliertes Material
- Bestimmung Gesamtübertragungsrate (Ergebnis < 50%)
- Erweiterung Treppenhaus Kamin
- Versuchsaufbau neues Probeentnahmesystem für Aerosole und neuer Aerosol-Monitor
- Bestimmung Gesamtübertragungsrate (Ergebnis > 50%)
- Installation neue Aerosol-Monitore
- Installation neues Probeentnahmesystem für Aerosole
Zusammenfassung/Kurzantwort
Die technischen Gründe für die verzögerte Umsetzung der Verbesserungsmassnahme sind:
- nicht realisierbare Ertüchtigung des bestehenden Systems
- Mehraufwand bei der Installation der neuen Aerosolmonitore durch Erfüllen der Anforderungen der Nachrüsttechnik
Vollständige Präsentation des Vertreters des Kernkraftwerks Beznau zur Frage 17
Beantwortet von ENSI
Sicherheit ist gemäss der Konzeption des Kernenergiegesetzes ein laufender Prozess: Sowohl der Bewilligungsinhaber als auch die Aufsichtsbehörde haben ständig die Sicherheit neu zu beurteilen, die Anlage neuen Entwicklungen anzupassen und gegebenenfalls zusätzliche Sicherheits- oder Nachrüstmassnahmen vorzunehmen bzw. anzuordnen (BGE 139 II 185, Erwägung 10.1.3). Die Verantwortung für die Sicherheit liegt beim Bewilligungsinhaber. Das ENSI wacht darüber, dass Bewilligungsinhaber ihre Pflichten einhalten und ordnet die notwendigen und verhältnismässigen Massnahmen an (Art. 72 KEG).
Das Kernenergiegesetz nennt keine gesetzlichen Fristen für die Umsetzung von Verbesserungsmassnahmen. Stattdessen obliegt es der Aufsichtsbehörde, nach pflichtgemässem Ermessen angemessene Fristen zu setzen (BGE 139 II 185, Erwägung 11.6.2). Von zentraler Bedeutung ist hierbei das Verhältnismässigkeitsprinzip, dem jegliches staatliche Handeln genügen muss. Dieser Grundsatz ist auf Verfassungsstufe (Art. 5 BV) verankert und wird auch im Kernenergiegesetz ausdrücklich angesprochen (Art. 72 KEG).
Der Verzicht auf allgemein gültige gesetzliche Fristen ist damit begründet, dass die Forderungen der Aufsichtsbehörde sehr unterschiedliche Sachverhalte betreffen und somit einheitliche Fristen nicht sachgerecht wären. Vielmehr müssen immer die Umstände des Einzelfalls betrachtet und gewürdigt werden. Wesentliche Gesichtspunkte für die Festsetzung von Fristen sind insbesondere die Dringlichkeit einer Massnahme (Bedeutung für die nukleare Sicherheit) und deren Realisierbarkeit (Komplexität der Änderung und der hierfür erforderlichen rechtlichen Verfahren).
Präsentation des ENSI zur Kamininstrumentierung des Kernkraftwerks Beznau (Frage 17)