Viele Ereignisse aus dem Weltgeschehen belegen, dass trotz allen Massnahmen zur Fehlervermeidung dennoch Fehler vorkommen. Den Fragestellenden ist nicht klar, wie im Sachplan Fehler vermieden werden, bzw. wie mit Fehlern umgegangen wird, wenn sie doch passieren. Die Fragestellenden möchte daher gern besser verstehen, wie im Sachplan die folgenden drei Grundsätze implementiert sind, welche es ermöglichen, aus Fehlern zu lernen:
1. Qualitätsmanagement
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- Wie ist das Fehlermanagement als Teil des Qualitätsmanagements (Total Quality Management, TQM) im Sachplan und damit in sämtlichen Arbeitsabläufen verankert?
- Eine reibungslose Organisation und festgelegte Prozesse, also Methoden zur Steuerung von Arbeitsabläufen, sind für den Erfolg des Sachplans essenziell. Wie werden darin das Fehlermanagement und die damit zusammenhängenden Handlungen und Aktivitäten verbindlich festgeschrieben.
- Welche Prozesse wurden definiert und gemeinsam im gesamten Sachplan-Team erarbeitet? Wie und wann werden diese Abläufe regelmässig hinterfragt und überprüft, z.B. im Sinn eines Annual TQM Review?
2. Fehlerkultur
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- Fehlerkultur bezeichnet die Art und Weise, wie mit Fehlern umgegangen wird. Sie bezieht sich auf das Verhalten der Mitarbeitenden, auf die Werte und das Selbstverständnis des Unternehmens sowie den Umgang mit neuen Erkenntnissen. In einer Kultur der Angst, wo Fehler nicht analysiert, sondern verschwiegen werden, entstehen Schäden sowohl für die betroffene Person als auch für das gesamte Team und den Sachplanprozess. Eine vertrauensvolle Fehlerkultur erleichtert es jedem Team-Mitglied, Fehler offenzulegen, sich zu Fehlern zu bekennen und gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen Lösungen zu erarbeiten.
- Wie werden im Sachplan die folgenden wesentlichen Faktoren für den Aufbau einer Fehlerkultur gefördert?
- Vertrauen und Offenheit
- Trennung von Sache und Person
- Transparenz
- Regelmässiges Feedback und Informationsaustausch (Lernen von andern)
- Flache Hierarchien
- Die Fragestellenden interessieren sich insbesondere dafür, wie Transparenz als Schlüssel zu einer gesunden Fehlerkultur im Sachplan gehandhabt wird, und zwar nicht nur in Bezug auf die Strukturen, sondern auch bezüglich der Stärken und Schwächen des Sachplanprozesses.
3. Kritikfähigkeit
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- Wie wird im Sachplan sichergestellt, dass unangenehme Sachverhalte nicht reflexartig abgewimmelt, sondern im Rahmen einer ehrlichen und transparenten Auseinandersetzung aufgearbeitet werden? Eine solche Aufarbeitung muss nach Ansicht der Fragestellenden die Beantwortung folgender Fragen beinhalten:
- Was genau ist passiert?
- Welche Auswirkungen hat dies auf die Fragestellung, den Prozess, das Team, die Sicherheit, den Sachplan, die Stakeholder des Sachplans (Anspruchsgruppen und Öffentlichkeit), auf die Auftraggeber usw.?
- Welche Massnahmen müssen getroffen werden, bzw. welche Prozesse müssen geändert werden, damit Fehler oder Schäden künftig vermieden werden können?
- Wie wird im Sachplan sichergestellt, dass unangenehme Sachverhalte nicht reflexartig abgewimmelt, sondern im Rahmen einer ehrlichen und transparenten Auseinandersetzung aufgearbeitet werden? Eine solche Aufarbeitung muss nach Ansicht der Fragestellenden die Beantwortung folgender Fragen beinhalten:
Des Weiteren sind die Fragestellenden an der Beschäftigung mit den folgenden Fragen interessiert:
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- Was bedeutet Fehlerkultur im Sachplan: Ist eine optimale Fehlerkultur gleichbedeutend mit Fehlervermeidung bis hin zur Null-Fehler-Kultur, oder besteht im Rahmen des Sachplans Platz für Fehleroffenheit und innovatives Lernen? Gibt es Bereiche im Sachplan, wo eine generelle Verbesserung der organisationalen Wissensbasis mit dem Ziel einer Stärkung der kollektiven Problemlösungs- und Handlungskompetenz möglich ist?
- Gibt es eine transparente, öffentlich einsehbare Liste sämtlicher Beispiele, bei denen im Sachplan offen zu Fehlern gestanden wurde?
- Gibt es eine Auflistung sämtlicher Beispiele, bei denen im Sachplan der Versuch, Fehler zu vertuschen, bzw. schönzureden identifiziert wurde, wie nach der Identifikation vorgegangen wurde, um das Fehlverhalten zu korrigieren, und welche Massnahmen ergriffen wurden, um das Fehlverhalten künftig zu vermeiden.
- Welche Massnahmen hat die Nagra intern nach ihrem Datenleck getroffen und implementiert, um künftig zu verhindern, dass abweichende, unerwünschte Meinungen an die Öffentlichkeit gelangen.
- Existiert im Sachplan eine Fehlerkompetenz derart, dass ein Bündel von Fehlerstrategien zur Verfügung steht, das funktions- und kontextspezifisch gezielt eingesetzt wird, und bei dem die Fähigkeit zur Realisierung von ‚Sicherheit‘ aufgrund des positiven Fehlerpotenzials im Mittelpunkt steht?
- Welche Mechanismen bzw. Automatismen werden bei Nagra, BFE und ENSI routinemässig vor allen wichtigen Entscheiden durchgespielt, um das zum Entscheid führende Vorgehen und den Entscheid selbst kritisch zu hinterfragen.
- Wie wird bei den Sachplangremien das Vieraugenprinzip zur Qualitätssicherung angewandt, und gibt es seitens der verfahrensführenden Behörde Auflagen und Vorschriften für die im Sachplan involvierten Gremien, die imperativ eingehalten werden müssen, um Fehler zu vermeiden.
- Falls es solche Vorschriften gibt, wie stellt das BFE deren Einhaltung sicher? Gibt es im Sachplan Audits zu diesen Auflagen und Vorschriften?
- Wie sieht im Sachplan konkret der Prozess von Checks and Balances zur Fehlervermeidung, Risikominimierung und Sicherheitsmaximierung aus?
- Hier wäre es sehr vertrauensbildend, bei sämtlichen im Sachplanverfahren involvierten Gremien die Analyse der Checks and Balances einsehen zu können.
- Welche Vorschriften gibt es, die sicherstellen, dass das ENSI nicht von der Nagra beeinflusst wird?
- Wie wird sichergestellt, dass Berichte der Nagra nicht vor der Publikation durch diejenigen Mitarbeiter des ENSI gegengelesen werden, welche sie nachher als unabhängige Experten prüfen müssen.
- Wie wird sichergestellt, dass die Entsorgungspflichtigen nicht auf das BFE finanziellen Druck ausüben, die Partizipation zu minimieren, um damit in ihren Augen unnötigen Kosten und unangenehmen Fragen zu entgehen?
- Wie wird sichergestellt, dass nicht kritische, freidenkende Elemente in den Regionalkonferenzen durch Cancel Culture aus dem Partizipationsprozess verdrängt werden?
- Wie ist im Sachplan das Vorgehen geregelt, wenn Beteiligte den Verdacht auf mögliche künftige Fehler äussern oder ein neues mögliches künftiges Risiko identifizieren? Welche Prozesse existieren, die abgearbeitet werden müssen, um sicherzustellen, dass kein Verdachtsmoment für einen möglichen künftigen Fehler bzw. eine mögliche künftige Schwachstelle übergangen wird? Welche Vorschriften existieren zur Behandlung von Verdachtsmomenten bei den Sachplangremien, wie zum Beispiel:
- In einer Fachgruppe taucht die Frage auf, inwiefern im Tiefengrundwasser ein radioaktives Leck Richtung Rhein auftreten könnte
- In einer Fachgruppe wird der Verdacht laut, dass die Mineralquelle Eglisau durch das Tiefenlager in Mitleidenschaft genommen werden könnte
- In einer Fachgruppe taucht das Bedenken auf, dass ein Flugzeugabsturz in der Anflugschneise direkt auf die OFA zum Zeitpunkt der Umverpackung eines Brennelements zu einer nuklearen Katastrophe führen würde
- Eine Fachgruppe fragt sich, was es bedeuten würde, wenn plötzlich eine 2 km Zone rund um das Tiefenlager evakuiert werden müsste
- Wie ist im Sachplan das Vorgehen geregelt, wenn Beteiligte den Verdacht auf begangene Fehler äussern? Welche Prozesse existieren, die abgearbeitet werden müssen, um sicherzustellen, dass alle Verdachtsmomente auf bereits erfolgte Fehler bearbeitet werden? Welche Prozesse sind im Sachplan vorgesehen / existieren, um folgende Beispielszenarios zu bearbeiten:
- Die Nagra stösst nach Bekanntgabe ASR z.B. auf einen technischen Befund, welcher dazu führt, dass einer der beiden verbleibenden Standorte sicherer ist
- Das ENSI stösst in den Unterlagen der Nagra z.B. auf einen Widerspruch in der Argumentation
- Das BFE stellt fest, dass z.B. die Kostenrechnung des Stenfo einen gravierenden Fehler enthält oder auf einer falschen Annahme bezüglich Zinsentwicklung beruht.
- Die Abgeltungsverhandlungen zwischen den Gemeinden und den Entsorgungspflichtigen führen in die Sackgasse
- Es tauchen wissenschaftliche Ergebnisse auf, die zum Schluss führen, dass die ab 10’000 Jahren aus dem Tiefenlager austretende Strahlung die betroffene Region für immer unbewohnbar macht.
- Welche Prozesse existieren im Sachplan, um bei erkannten bereits begangenen Fehlern Korrekturen vorzunehmen?
- Hier wäre konkret von Interesse, welche Vorschriften zum Melden von identifizierten möglichen Fehlern bei den diversen im Sachplan involvierten Organen (Nagra, ENSI, KNS, BFE, etc.) bestehen. Wie wird sichergestellt, dass eine Fehlervertuschung ausgeschlossen ist?
- Welche konkreten Prozesse existieren im Sachplan, um das Melden von möglichen Fehlern und potenziellen Risiken obligatorisch und verbindlich vorzuschreiben? Wie wird sichergestellt, dass alle Verdachtsmomente auf eventuelle Fehler und Risiken gemeldet worden sind?
- Diese Frage ist nach Ansicht der Fragestellenden konkret genug und bedarf keiner Ergänzung. Sie bezieht sich auf alle im Sachplanverfahren involvierten Organe, von der Nagra via ENSI, KNS, BFE, bis zu Bundesrat. Die Fragestellenden gehen davon aus, dass die erfragten Prozesse zur Kommunikation von Fehlern existieren und würde sie gern einsehen.
- Insbesondere die Nagra wirbt in von professionellen PR-Agenturen erarbeiteten Konzepten, seit ihrem Bestand, um „das Vertrauen“ der Bevölkerung in ihre Arbeit. Wie steht der moderne Anspruch einer echten Fehlerkultur, welche bei Zugeständnissen vielleicht zuerst auch ein Vertrauensverlust verursachen könnte, diesen Kampagnen entgegen?
- Wie wurde der technische Fehlentscheid „SMA Wellenberg“ intern aufgearbeitet. Welche Massnahmen wurden anschliessend ergriffen, um sicherzustellen, dass es nicht plötzlich einen weiteren Fehlentscheid „HAA Opalinuston“ gibt?
- Gibt es eine Zusammenstellung sämtlicher Cases, bei welchen die Nagra öffentlich Fehler dokumentiert, kommuniziert und die Korrektur begründet hat?
- Gibt es eine Liste sämtlicher Kommunikationsagenturen, mit welchen die Nagra zusammenarbeitet, und wie diese Zusammenarbeit abläuft.
- Aus aktuellem Anlass, dass für die Nagra „Nördlich Lägern“ heute der sicherste Standort für ein Tiefenlager ist, wäre es aufschlussreich und vertrauensbildend, zu erfahren, wie der technische Fehlentscheid der Nagra, dass „Nördlich Lägern“ in der Etappe 3 des Sachplans nicht mehr weiterverfolgt werden soll, intern aufgearbeitet wurde.
- Ist das Fehlermanagement als Teil des TQM bei der Nagra bzw. beim ENSI etabliert? Wie wird das Fehlermanagement beübt bzw. gibt es dazu interne Workshops? Welche Massnahmen sind erlassen worden? Wie würde mit sogenannten Whistleblowern umgegangen werden? Gibt es eine interne Anlaufstelle?
- Ist das TQM-Manual der Nagra einsehbar? Damit wäre es möglich, sich von den Prozessen zum Fehlermanagement ein Bild machen zu können.
- Ist es möglich, Einsicht zu erhalten in Erfahrungsberichte der Nagra von internen Fehlermanagement Workshops?
- Zum Thema Umgang mit Whistleblowern wäre es vertrauensbildend, wenn die Nagra die entsprechenden Prozeduren offenlegen könnte.
- Was bedeutet Fehlerkultur im Sachplan: Ist eine optimale Fehlerkultur gleichbedeutend mit Fehlervermeidung bis hin zur Null-Fehler-Kultur, oder besteht im Rahmen des Sachplans Platz für Fehleroffenheit und innovatives Lernen? Gibt es Bereiche im Sachplan, wo eine generelle Verbesserung der organisationalen Wissensbasis mit dem Ziel einer Stärkung der kollektiven Problemlösungs- und Handlungskompetenz möglich ist?