a) Energieeinsatz
Das Kernenergiegesetz gibt vor, dass das geologische Tiefenlager (gTL) über verschiedene Bewilligungsschritte hin realisiert und stufengerecht präzisiert wird. In der aktuellen Projektphase steht die Standortwahl sowie verschiedene Nachweise zur Erreichung der Rahmenbewilligung im Fokus, dazu wird eine mögliche Anlage projektiert und in den Grundzügen zur Festlegung beantragt. Der Energiebedarf ist z. B. auf Basis von heutigen Annahmen in Kostenschätzungen eingepreist, aber noch nicht so detailliert aufgeschlüsselt, wie von der Frage erwartet. Der tatsächliche Energiebedarf hängt massgeblich von der Ausgestaltung des gTL ab, die in den kommenden Planungsphasen konkretisiert wird (siehe z. B. RD&D Plan (Nagra 2021b)).
Grundsätzlich ist die Minimierung des Stromverbrauchs während Bau, Betrieb und Verschluss des gTL ein wichtiger Bestandteil des Planungsprozesses und orientiert sich an dem jeweils vorliegenden Stand von Wissenschaft und Technik. Es wird von einem Energiebedarf ausgegangen, der mit den heute schon vorhandenen Anschlussleistungen in der jeweiligen Region realisiert werden kann. So wurde bereits im NTB 02-02 (Kap. 3.4.2.) (Nagra 2002) die benötigte Leistung für den Betrieb der unter Tage installierten Einrichtungen auf ca. 5’000 kVA abgeschätzt. Die zugrundeliegende Grobplanung ging jedoch von anderen Voraussetzungen aus als das Projekt, welches als Beispiel für die Nachweisführung dem Rahmenbewilligungsgesuch (RGB) zugrunde gelegt wird. Zum Beispiel umfasste das damalige Konzept eine Zahnradbahn. Es werden in den kommenden Spezifikationen zudem Synergien zu kommunalen und regionalen Versorgungswerken betrachtet. Diese stufengerechte Planung ermöglicht, für kommende Bewilligungsschritte auf weitere Entwicklungen einzugehen und dannzumalig optimale und abgestimmte Lösungen zu erarbeiten.
b) Aufteilung des Energiebedarfs
Das aktuelle Projekt geologisches Tiefenlager enthält keine spezifischen Anforderungen an die Zusammensetzung des Energiemixes. Die Nagra geht davon aus, Abnehmerin des dannzumaligen lokalen Strommixes zu sein (siehe z. B. NTB 13-01, Kap 3.6 (Nagra 2013)). Dank des stufengerechten Bewilligungsverfahrens sind allfällige Präzisierungen bis zur entsprechenden Festlegung möglich.
Wie sich ein möglicher Strommix zusammensetzen könnte, zeigen die Szenarien der Energieperspektiven 2050+ des Bundes (BFE 2021).
c) Energielieferunterbruch
Das BFE hat im Bericht «Risikovorsorge der Schweiz für Strom» (BFE 2022) skizziert, welche zukünftigen Entwicklungen (zusätzlich zu technischen, gesellschaftlichen oder wirtschaftlichen Krisen, die schon heute zu Energiemangel führen können) relevant für eine konstante Energieversorgung sind.
Die Nagra geht nicht von Ursachen für einen Energielieferunterbruch aus, die sich spezifisch und nur auf das Tiefenlager beziehen würden. Szenarien, die zu einer Unterbrechung der Stromlieferketten führen könnten, gelten generell für die jeweilige Region.
d) Sicherheitsvorkehrungen
Sicherheit ist in Kernanlagen oberstes Gebot. Das geologische Tiefenlager wird analog zu den Zwischenlagern so geplant und betrieben, dass die Anlagen bei einem Energieunterbruch jederzeit passiv sicher sind und die grundlegenden Schutzziele auch bei Störfällen eingehalten werden. Im Gegensatz zu Kernkraftwerken werden keine aktiven Sicherheitssysteme benötigt, die für die Einhaltung der Schutzziele «Kontrolle der Kritikalität» und «Kühlung der Kernmaterialien und der radioaktiven Abfälle» erforderlich sind. Das heisst, bei einem Energieunterbruch im gTL kann der Betrieb jederzeit kontrolliert unterbrochen oder gestoppt werden. Damit wird der Betrieb in einen inhärent sicheren Zustand überführt und in diesem gehalten, um eine Beeinträchtigung des Personals sowie der sicherheitsrelevanten Systeme, Strukturen und Komponenten auszuschliessen. Damit wird das Auftreten von Fehlhandlungen bzw. Fehlfunktionen vermieden und die Ereignisbewältigung unterstützt.
Insbesondere Prozesse zur Handhabung oder zum Transport von radioaktiven Abfällen oder der Endlagerbehälter (ELB) können kontrolliert beendet oder unterbrochen werden. Der sichere Umgang mit radioaktiven Abfällen ist auch bei einem Ausfall der Stromversorgung gewährleistet. Beispiele sind:
- Ein Ausfall der Stromversorgung führt aufgrund der ausfallsicheren Auslegung nicht zu einer Belastung der zum Zeitpunkt des Ereignisses gehandhabten radioaktiven Abfälle bzw. ELB. So wird zum Beispiel ein Absturz eines ELB während der Handhabung am Kran infolge des Ausfalls der Stromversorgung durch die Auslegung des (Kran)Systems ausgeschlossen.
- Aktuell sind für den Transport von ELB innerhalb des gTL Transportmittel mit systemeigener Energieversorgung (Batterie) vorgesehen, sodass diese bei einem Ausfall nicht betroffen sind und kontrolliert gestoppt und in einen inhärent sicheren Zustand gehalten werden können.
Sicherheitsrelevante Systeme wie Brandmeldeanlagen, Strahlenschutzmesseinrichtungen, Sicherheitsbeleuchtung sowie Warn- und Meldesysteme werden bei einem Ausfall durch eine jeweils systemeigene, batteriegepufferte Stromversorgung weiterhin mit elektrischer Energie versorgt, um deren Funktion auch beim Versagen der Stromversorgung aufrecht zu halten. Brandschutzklappen, -türen und -tore schliessen zudem aufgrund ihrer ausfallsicheren Auslegung so, dass ein Abschluss von Brandabschnitten gewährleistet wird.
Zur Aufrechterhaltung der Personensicherheit im Bau und Betrieb besteht ein Flucht- und Rettungskonzept. Bei Störfällen sind die Anforderungen an das Lüftungskonzept so gestellt, dass sich das Personal jederzeit in mit Frischluft versorgten, sicheren Bereichen einfinden kann. Diese werden auch bei Stromausfall über die Dauer der Selbst- oder Fremdrettung resp. der Ereignisbewältigung zuverlässig und bedarfsgerecht durch Frischluft versorgt.
Die Analyse von Ereignissen (Verlust der Energieversorgung, bspw. infolge Energielieferunterbruch) werden behördlich gefordert und sind im Rahmen des Sicherheitsnachweises einer Kernanlage zu bewerten. Eine detaillierte Sicherheitsanalyse zur Gewährleistung der nuklearen und betrieblichen Sicherheit erfolgt mit dem Baugesuch, welches im Gegensatz zum RGB nicht mehr auf einem beispielhaften Projekt basiert.
Referenzen
BFE (2021): Energieperspektiven 2050+. Technischer Bericht. Gesamtdokumentation der Arbeiten. Bundesamt für Energie BFE. 501 Seiten.
BFE (2022): Risikovorsorge der Schweiz für Strom. Bundesamt für Energie BFE. 35 Seiten.
IPCC (2018): Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger. 1,5 °C Globale Erwärmung. Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC), World Meteorological Organization, Genf, Schweiz, 32 pp. https://www.ipcc.ch/site/assets/uploads/2020/07/SR1.5-SPM_de_barrierefrei.pdf
Nagra (2002): Projekt Opalinuston: Konzept für die Anlage und den Betrieb eines geologischen Tiefenlagers: Entsorgungsnachweis für abgebrannte Brennelemente, verglaste hochaktive sowie langlebige mittelaktive Abfälle. Nagra Technischer Bericht NTB 02-02.
Nagra (2013): Standortunabhängige Betrachtungen zur Sicherheit und zum Schutz des Grundwassers: Grundlagen zur Beurteilung der grundsätzlichen Bewilligungsfähigkeit einer Oberflächenanlage für ein geologisches Tiefenlager. Nagra Technischer Bericht NTB 13-01.
Nagra (2021a): Entsorgungsprogramm 2021 der Entsorgungspflichtigen. Nagra Technischer Bericht 21-01.
Nagra (2021b): The Nagra Research, Development and Demonstration (RD&D) Plan for the Disposal of Radioactive Waste in Switzerland. Nagra Technical Report NTB 21-02.