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Frage 59: Zeitplan geologische Untersuchungen (2D/3D-Seismik)

Was ist geplant betreffend Standortsuche und Untersuchungen der potentiellen Standorte für ein Geologisches Tiefenlager:

  1. Wann sind welche (geologischen) Untersuchungen, z.B. 2D/3D-Seismik, Sondierbohrungen, für die SMA bzw. HAA-Standorte vorgesehen in Etappe 1, 2 und 3 des Sachplanverfahrens?
  2. Wie ist der geplante zeitliche Ablauf der vor Ostern 2011 angekündigten 2D-Seismik an den Standorten Jura-Ost und Nördlich Lägern?
Thema , Bereich
Eingegangen am 23. Mai 2011 Fragende Instanz KAIB
Status beantwortet
Beantwortet am 1. Dezember 2011 Beantwortet von ,

Beantwortet von ENSI

Antwort des ENSI zu Teilfrage 59 a)

Der Schwerpunkt von Etappe 1 lag in der Identifizierung geeigneter geologischer Standortgebiete, die ausschliesslich auf Kriterien für die Sicherheit und technische Machbarkeit basierte. In Übereinstimmung mit den Vorgaben im Sachplan geologische Tiefenlager wurden die geologischen Standortgebiete von der Nagra auf der Grundlage des bestehenden umfangreichen erdwissenschaftlichen Kenntnisstands vorgeschlagen. In seiner Stellungnahme zu Etappe 1 (ENSI 33/070) kam das ENSI zum Schluss, dass die Nagra alle verfügbaren relevanten geologischen Informationen berücksichtigt hat und diese ausreichend für die Bezeichnung der geologischen Standortgebiete war.

Im Hinblick auf die Etappe 2 des Sachplans geologische Tiefenlager musste die Nagra die Notwendigkeit ergänzender Untersuchungen für die provisorischen Sicherheitsanalysen frühzeitig mit dem ENSI abklären. Die Kenntnisse über die Standorte müssen die Durchführung einer provisorischen Sicherheitsanalyse und den sicherheitstechnischen Vergleich erlauben; gegebenenfalls sind sie durch Untersuchungen zu ergänzen. Die verwendeten geologischen Daten müssen die aktuelle Situation am Standort für die provisorische Sicherheitsanalyse adäquat wiedergeben und die vorhandenen relevanten Ungewissheiten berücksichtigen. Adäquat bedeutet, dass der von den Entsorgungspflichtigen dokumentierte Kenntnisstand ausreicht, um zu zeigen, dass die Aussagen zur Langzeitsicherheit des Tiefenlagers und dem sicherheitstechnischen Vergleich belastbar sind. Eine belastbare Aussage ist auch unter Berücksichtigung der bestehenden Variabilitäten und Ungewissheiten in Daten und Prozessen gültig (ENSI 33/075).

Um die Frage zusätzlicher Untersuchungen transparent zu klären, hat die Nagra nach Abschluss der behördlichen sicherheitstechnischen Überprüfungen in Etappe 1 den Bericht NTB 10-01 erstellt, in dem sie für jedes Standortgebiet darlegt und diskutiert, ob der aktuelle Wissensstand für die Durchführung der erforderlichen provisorischen Sicherheitsanalysen und des sicherheitstechnischen Vergleichs in Etappe 2 SGT ausreichend ist.

Nach der Prüfung dieses Berichts kommt das ENSI zum Schluss, dass zusammen mit den von der Nagra vorgeschlagenen ergänzenden Untersuchungen und den vom ENSI geforderten Ergänzungen der notwendige Kenntnisstand erreicht werden kann, um in Etappe 2 belastbare Aussagen zur sicherheitstechnischen Einstufung und zur bautechnischen Machbarkeit machen zu können.

Um stufengerecht in Etappe 3 den geforderten Kenntnisstand zu erreichen, werden für die in Etappe 2 vorgeschlagenen Standorte ergänzende, bewilligungspflichtige Untersuchungen notwendig sein. Das ENSI fordert deshalb, dass die Nagra zusammen mit den Standortvorschlägen in Etappe 2 entsprechende Gesuche einreicht. Vor Einreichung der für Etappe 2 SGT erforderlichen Unterlagen durch die Nagra wird das ENSI im Rahmen einer Grobprüfung feststellen, ob die Unterlagen für die provisorischen Sicherheitsanalysen die Anforderungen gemäss ENSI 33/075 erfüllen.

Beantwortet von Nagra

Ergänzung der Nagra zu Teilfrage 59 a)

In Etappe 2 darf kein Standort vorgeschlagen werden, der sicherheitstechnisch als eindeutig weniger geeignet bewertet wird als die anderen. Ebenso darf auch kein Standort ausgeschlossen werden, nur weil der Kenntnisstand für diesen Standort nicht ausreicht, um seine Eignung stufengerecht schlüssig zu bewerten. Die Bewertung der sicherheitstechnischen Eignung in Etappe 2 erfolgt prinzipiell anhand provisorischer Sicherheitsanalysen (SGT, S. 69) und eines sicherheitstechnischen Vergleichs (SGT, S. 72/73) und berücksichtigt mögliche „eindeutige Nachteile gegenüber anderen Standorten“ (SGT, S. 71). Die Anforderungen dazu sind im SGT und durch das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (ENSI) festgelegt worden. Für die provisorischen Sicherheitsanalysen muss der Kenntnisstand einen schlüssigen Vergleich der Standorte erlauben. Dies ist jedoch nicht gleichzusetzen mit dem Detaillierungsgrad, der für ein Rahmenbewilligungsgesuch in Etappe 3 erforderlich sein wird.

Reichen die vorhandenen Kenntnisse an einem Standort nicht oder nur teilweise, müssen sie durch weitere Untersuchungen ergänzt werden. Hierzu läuft für Etappe 2 ein stufengerecht fokussiertes erdwissenschaftliches Untersuchungsprogramm zur Erhöhung des Kenntnisstands von Etappe 1 auf Etappe 2. Darin berücksichtigt sind auch die (im März 2011) vom ENSI formulierten Forderungen. Das Untersuchungsprogramm umfasst insbesondere eine Verdichtung der bisher durchgeführten seismischen Messungen in den HAA-Standortgebieten „Nördlich Lägern“ und „Jura Ost“ (siehe Antwort auf Teilfrage b).

Nach der Überprüfung des NTB 10-01 durch das ENSI haben auch die Arbeitsgruppe Sicherheit der Kantone (AG SiKa) und die Kantonale Expertengruppe Sicherheit (KES) im Mai 2011 einen Fachbericht zu den ergänzenden Untersuchungen im Hinblick auf die Einengung in Etappe 2 vorgelegt (Medienmitteilung des Ausschusses der Kantone vom 7. Juni 2011). Auch die Kommission für nukleare Sicherheit (KNS) hat sich in ihrer Stellungnahme zur Notwendigkeit ergänzender geologischer Untersuchungen in Etappe 2 (KNS 23/247) im Juni 2011 dazu vernehmen lassen. Die Nagra prüft zurzeit, ob sich daraus Ergänzungen ihres Untersuchungsprogramms für Etappe 2 ergeben.

In Etappe 3 des Sachplans stehen die abschliessende Standortwahl und die Rahmenbewilligungsverfahren an. Für die Standortwahl und zur Ausarbeitung der geologischen Grundlagen für die entsprechenden Rahmenbewilligungsgesuche ist wiederum eine Vertiefung des geologischen Datensatzes notwendig. „Die Untersuchungen müssen zeigen, dass die Voraussetzungen für die Rahmenbewilligung gemäss Art. 13 KEG erfüllt sind.“ (Konzeptteil SGT S. 74). Dazu werden insbesondere 3D-seismische Messungen und (nach Kernenergiegesetz bewilligungspflichtige) tiefe Sondierbohrungen erforderlich sein. Gleichzeitig werden die Untersuchungen in Felslabors, namentlich im Felslabor Mont Terri sowie andere Arbeiten weitergeführt. Vorgesehen ist, dass Teile der Untersuchungen im Hinblick auf Etappe 3 (z.B. 3D-Seismik) parallel zur Bearbeitung der Etappe 2 durchgeführt werden, wie dies im Hinblick auf Etappe 2 auch bereits in Etappe 1 erfolgt ist.

Antwort der Nagra auf Teilfrage 59 b)

Für die in der ersten Etappe des Sachplans Geologische Tiefenlager (SGT) bezeichneten HAA-Standortgebiete Jura Ost und Nördlich Lägern wurde vom Ausschuss der Kantone (AdK) gefordert, das bestehende regionale Messnetz reflexionsseismischer Daten zu ergänzen. Die Nagra hat in ihrem Bericht NTB 10-01 solche Messungen zur Erfassung des tektonischen Regimes und der geologischen Strukturen vorgeschlagen, deren Planung weit fortgeschritten ist.

Die Bundes- und Kantonalbehörden wurden frühzeitig über die generelle Messlinienplanung orientiert. Die zuständigen kantonalen Departemente haben die entsprechende Information an die Gemeinden weitergeleitet und die Öffentlichkeit mittels Medienmitteilung vorinformiert. Anschliessend wurden die Behörden jeder einzelnen Gemeinde von Vertretern der Nagra kontaktiert und persönlich über die bevorstehenden Aktivitäten ins Bild gesetzt.

Die Messkampagne umfasst rund 260 km Profillinien in den Kantonen Aargau und Zürich sowie in der angrenzenden Gemeinde Hohentengen auf deutschem Gebiet. Nach Abschluss der laufenden Vorbereitungsarbeiten (Information der betroffenen Fach- und Gemeindebehörden) soll im September die genaue Lage der Messpunkte vermessungstechnisch festgelegt werden. Der Beginn der eigentlichen seismischen Messungen ist für 2. Hälfte Oktober 2011 vorgesehen. Die Feldmessungen werden in der Winterperiode durchgeführt, um Beeinträchtigungen der Landwirtschaft zu vermeiden. Mit dem Abschluss der Messungen kann Ende März 2012 gerechnet werden.

Aktivitäten in der Übersicht:

  • Information aller übergeordneten Gremien (z.B. Ausschuss der Kantone AdK, 9. Dez. 2010)
  • Information Startteams Nördlich Lägern / Jura Ost   / Zürich Nordost: 19. Jan. / 1. & 3. Feb. 2011
  • Information Amt für Umwelt (AfU AfUAfUAfUKt. AG, 24. Jan. 2011) & Amt für Wasser, Energie und Luft AWEL (Kt. ZH, 8. Feb. 2011)
  • Information Waldshut / Hohentengen (27. Jan. 2011) & Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau LGRB (9. März 2011)
  • Detailplanung Linienführung entlang Strassen und Wege
  • Medieninformation AdK nach Information aller tangierten Gemeinden (15. April 2011)
  • Detailinformation der Gemeindebehörden: Mai bis Juli 2011
  • Einholen der für die Ausführung erforderlichen Zustimmungen
  • Vermessung und Festlegung der Messpunkte (ab September 2011)
  • Feldmessungen in der Winterperiode: Mitte Oktober 2011 bis spätestens Ende März 2012