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ENSI veröffentlicht Erfahrungs- und Forschungsbericht 2024: Neue Erkenntnisse für den Langzeitbetrieb

Im Erfahrungs- und Forschungsbericht 2024 liegt der Fokus auf der Erforschung von Erdbebenrisiken, Brandausbreitung in Reaktoren und den gesundheitlichen Auswirkungen ionisierender Strahlung. Der Bericht liefert wichtige Erkenntnisse für die Aufsichtspraxis, insbesondere im Hinblick auf den Langzeitbetrieb von Kernkraftwerken, und gibt zugleich Einblick in die breit abgestützte internationale Zusammenarbeit des ENSI.

ENSI Erfahrungs- und Forschungsbericht 2024

Die Forschungsprojekte des ENSI schaffen wichtige Grundlagen für die Aufsicht, stärken die unabhängige Expertise und ermöglichen Erkenntnisse, die ohne internationale Kooperationen nicht erreichbar wären. Im Berichtsjahr wurden bestehende Projekte weitergeführt, einige erfolgreich abgeschlossen und gezielt neue Forschungsinitiativen gestartet.

Wichtige Erkenntnisse für die Aufsichtspraxis

Im Berichtsjahr konnten mehrere Forschungsprojekte erfolgreich abgeschlossen werden. Besonders hervorzuheben ist das PSI-Projekt PROACTIV II, das wertvolle Erkenntnisse für die Aufsicht von Kernkraftwerken im Langzeitbetrieb geliefert hat. Die Ergebnisse stärken die Überprüfung der Nachweise zur Sprödbruchsicherheit von Reaktordruckbehältern. Zudem verbessert das Projekt das Verständnis für moderne Berechnungsmethoden und deren Anwendung bei Notkühlszenarien mit Thermoschock. Im Bereich der Hauptkühlmittelkreisläufe liefert es wichtige Beiträge zur Bewertung von Leck-vor-Bruch-Nachweisen unter Berücksichtigung von Spannungsrisskorrosion, was dem ENSI erlaubt, probabilistische Analysen besser einzuordnen und deren Grenzen fundierter zu beurteilen.

Auch das Projekt LEAD-II erzielte relevante Ergebnisse unter anderem zum Risswachstum in Reaktordruckbehälter-Stählen von Siedewasserreaktoren, die thermischer Alterung und Neutronenversprödung unterliegen. Die Forschung in diesem für die Aufsichtstätigkeit wichtigen Bereich wird mit dem Nachfolgeprojekt ASSET fortgesetzt.

Zukunftsweisende Forschungsschwerpunkte

Aktuell befasst sich die Forschung im Bereich externer Ereignisse mit Erdbeben und Flugzeugabstürzen. Das ENSI unterstützt hier zwei weitere Vorhaben: erstens das NEA-Projekt SMATCH, das reale seismische Messdaten aus dem französischen Kernkraftwerk Cruas nutzt, um internationale Vergleichsanalysen durchzuführen. Zusätzlich finanziert das ENSI ein Projekt an der North Carolina State University, das hochfrequente Erschütterungen von Schaltschränken mit elektrischen Komponenten untersucht.

Im Bereich Strahlenschutzforschung baute das ENSI in den letzten Jahren die Thematik der biologischen Auswirkungen ionisierender Strahlung aus. Seit Herbst 2024 unterstützt das ENSI ein neues Projekt am Universitätsspital Zürich, das erstmals die kombinierte Wirkung von ionisierender Strahlung und Nanopartikeln untersucht. Dieses interdisziplinäre Vorhaben soll neue Erkenntnisse zu möglichen Gesundheitsrisiken liefern.

Von der Beteiligung am Projekt NEA FAIR erhofft sich das ENSI neue Erkenntnisse im Bereich interner Ereignisse und Schäden. Im Rahmen des Projekts werden Experimente zur Brandausbreitung in kerntechnischen Anlagen durchführt. Die Versuche am Standort Cadarache (Frankreich) sollen das Verständnis über mögliche Brandverläufe in Kernkraftwerken wesentlich vertiefen.

Kulturelle Faktoren im Fokus der internationalen Zusammenarbeit

Im Berichtsjahr 2024 nahm das ENSI an zahlreichen internationalen Konferenzen und Gremien teil. Vom 24. bis 25. Juni 2024 fand die 7. ENSREG-Konferenz (European Nuclear Safety Regulators Group) in Brüssel statt, die sich auf die wichtigsten Entwicklungen und Herausforderungen im Bereich der nuklearen Sicherheit in Europa und weltweit konzentrierte. Das ENSI beteiligte sich an den Diskussionen.

Im September fand die 68. Generalkonferenz der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEA) unter dem Motto «Nachhaltigkeit und Sicherheit für eine bessere Zukunft» statt. Über 150 Mitgliedstaaten diskutierten zentrale Themen wie die Rolle der Kernenergie im Energiemix und die Stärkung internationaler nuklearer Sicherheitsstandards. Das ENSI betonte die Bedeutung nuklearer Sicherheit unabhängig von den eingesetzten Technologien.

Ein herausragendes Ereignis fand im November in Bern statt: das Country-Specific Safety Culture Forum (CSSCF). In Zusammenarbeit mit der Nuclear Energy Agency (NEA) und der World Association of Nuclear Operators (WANO) brachte das ENSI nationale und internationale Experten und Expertinnen sowie Vertreter der Schweizer Kernanlagen an einen Tisch. Im Mittelpunkt der Diskussionen stand der Einfluss nationaler kultureller Faktoren auf die Sicherheitspraktiken in der Nuklearbranche. Neben dem Austausch über bewährte Verfahren wurden auch Themen wie Selbstreflexion und Konfliktfähigkeit diskutiert. Das Forum leistete einen wichtigen Beitrag zur Stärkung einer reflektierten Sicherheitskultur in der Schweiz und darüber hinaus.

Zum vollständigen Erfahrungs- und Forschungsbericht:

Erfahrungs- und Forschungsbericht 2024 – ENSI-AN-12210 » ENSI

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