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Strahlenschutz-Serie: Strahlenquellen und Expositionspfade in Kernanlagen

Der Schutz der Bevölkerung, des Personals von Kernanlagen und der Umwelt hat für Schweizer Kernanlagen höchste Priorität. Obwohl der grösste Teil der radioaktiven Stoffe in Feststoffen gebunden und durch mehrere Barrieren eingeschlossen ist, werden im Normalbetrieb über Abluft und Abwasser geringe Mengen an radioaktiven Stoffen an die Umwelt abgegeben.

Die Betreiber von Schweizer Kernanlagen sind gesetzlich verpflichtet, Strahlenexpositionen so tief zu halten, wie dies nach dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik möglich ist. Dafür ist eine möglichst genaue Kenntnis über den Zustand aller radioaktiven Stoffe sowie deren Verhalten während des Betriebs und bei Störfällen notwendig.

Freisetzung aus Strahlenquellen in Kernanlagen

Gemäss der Strahlenschutzverordnung vom 22. Juni 1994 werden Gegenstände oder Anlagen als Strahlenquellen bezeichnet, wenn sie radioaktive Stoffe enthalten oder ionisierende Strahlung erzeugen. In Kernanlagen gibt es zahlreiche Arten von Strahlenquellen.

Während des Leistungsbetriebs eines Kernkraftwerks umschliessen verschiedene Barrieren die Strahlenquellen. Von einer Freisetzung spricht man, wenn ein Teil der radioaktiven Stoffe einer Strahlenquelle an die Umgebung eines Kernkraftwerks gelangt.

Während des Normalbetriebs eines Kernkraftwerks ist es unabdingbar, dass einzelne Barrieren geöffnet werden können. Andere Barrieren wie beispielsweise Filter fangen luftgetragene Partikel ab, nicht aber Edelgase. Dies führt zu Abgaben, welche nicht gänzlich vermeidbar sind. Sie werden aber soweit als möglich reduziert, vor dem Verlassen der Anlage gemessen und entsprechend als „Kontrollierte Abgaben“ bezeichnet. Die Behörde legt die Maximalwerte der kontrollierten Abgaben durch die Kernanlagen in Abgabelimiten fest.

In den vergangenen 40 Jahren überschritt kein Schweizer Kernkraftwerk die behördlichen Abgabelimiten. Wenn bei einem Störfall (eine durch ein externes oder internes Ereignis ausgelöste Überschreitung von zulässigen Werten) alle Barrieren geschädigt werden, kann es zu grösseren Freisetzungen kommen.

Potenzielle Expositionspfade für die Bevölkerung

Als Expositionspfade werden die unterschiedlichen Möglichkeiten bezeichnet, wie die Strahlung aus radioaktiven Stoffen zum Menschen gelangen kann. Die verschiedenen Expositionspfade können in zwei Kategorien eingeteilt werden:

  • Bei der externen Bestrahlung wird der Mensch von radioaktiven Stoffen ausserhalb des Körpers bestrahlt. Die Exposition ist abhängig von der Stärke der Strahlenquelle, vom Abstand der Quelle zum Menschen, von den absorbierenden Materialien zwischen Quelle und Mensch sowie von der Aufenthaltszeit im Strahlenfeld. Für die Bevölkerung ist die externe Bestrahlung im Normalbetrieb eines Kernkraftwerks vernachlässigbar. Mit sehr sensiblen Messgeräten können am Zaun eines Kernkraftwerks schwache Dosisleistungen von der Grössenordnung des natürlichen Untergrunds gemessen werden. Nach schweren Störfällen, wie es nach Tschernobyl der Fall war, kann es zu einer externen Bestrahlung durch radioaktive Stoffe in der Luft oder am Boden kommen.
  • Bei der Inkorporation gelangen die radioaktiven Stoffe über die Nahrung (Ingestion), die Atmung (Inhalation), die Haut (Transpiration) oder über Wunden in den Körper. Falls die radioaktiven Stoffe nicht vom Körper ausgeschieden werden, wird bei deren Zerfall die dabei entstehende Strahlung im Körper ganz oder teilweise absorbiert. Die Strahlendosis hängt dabei von der Art der Inkorporation, von der Art und Energie der Strahlung sowie von der effektiven Halbwertszeit der radioaktiven Stoffe ab.

Dies ist der neunte von 14 Teilen der Artikelserie zum Thema Strahlenschutz. Im zehnten Teil geht es um allgemeine Strahlenschutzmassnahmen.

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